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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 277
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0279
ken: „Böse, rohe Äußerungen wurden vom blöden Unverstand gegen die Teilnehmer
des Arbeiterfestzuges gerichtet. Es sind insbesondere bürgerliche
Frauen, die sich zu Schmähungen der Arbeiterschaft hinreißen ließen. Aus
den zahlreichen verbürgten Liebenswürdigkeiten solcher verblendeten Leute
geben wir einige Beispiele, die kleinbürgerlichen Kreisen entronnen sind. .Dieses
Lumpenchor sollen wir verhalten mit unseren Geldern, die auf der Sparkasse
liegen? Der G — soll für das Gesindel sorgen'. So sprach eine Geschäftsfrau
, die letzthin bedauerte, daß der Krieg jetzt schon zu Ende gehe, wo man
so viel Geld verdiene. Eine andere, die beim Butterhandel nicht abzumagern
brauchte, erklärte: ,Die im Umzug hinter der roten Fahne marschierten, hätten
verdient, ins Gesicht gespuckt zu bekommen'."

Aber da gibt es auch Scherereien mit durchziehenden Offizieren und Truppen,
die noch keine rechte Vorstellung von dem haben, was sich in den Revolutionstagen
abgespielt hatte. Der „Alte" läßt seiner antimilitaristischen Einstellung
freien Lauf: „Da kommt eben ein Nobler angeradelt beim jähen Rückzug
über den Rhein. Noch von jener Spielart einer, die ein Stückchen dickes Glas
in die linke Augenhöhle geklemmt haben und sich noch als junkerliche Übermenschen
fühlen. Einen Soldaten, der ein rotes Abzeichen trägt, herrscht der
abgestiegene Priester des Drillkultes an: .Weshalb grüßen Sie nicht militärisch
?!' Gibts nur noch im Dienste, sonst besteht kein Grußzwang, wird belehrend
erwidert. ,Ma, Schlamperei verfluchte, werden wir bald wieder ausjetrie-
ben haben!', meint der Offizier". Fest überzeugt von der Dauerhaftigkeit der
Errungenschaften des „Bürgers in Uniform" fuhr Geck fort: „Die neu eingetroffenen
Soldaten wissen noch nicht, daß die belästigenden Grußarten des
Stillstehens auf der Straße, Strammvorbeigehens mit Händen an der Hosennaht
der alten, versenkten Tyrannei angehören".

Er hatte zu dieser Zeit wohl noch keine Kenntnis von den „agitatorischen Vorbereitungen
zur Bekämpfung der Rätebewegung auf Reichsgebiet, die von der
Heeresleitung seit Mitte November systematisch betrieben wurden"140 und
war sich deshalb nicht bewußt, daß mit dem Einrücken der Verbände des
Feldheeres mit gegenrevolutionären Aktionen reaktionärer Offiziere gerechnet
werden mußte. Milde rügte er noch die „unliebsamen Auftritte, wenn die
Soldaten wegen des Tragens roter Abzeichen belästigt werden. Offizieren
steht es nicht zu und Bürgerleute sollten sich vor solchen Eingriffen in die
Freiheit hüten".

Als am 20. 11. das Regiment 56 einzog, erfreute er sich an dem Gesang der
Landsturmmänner: „Es keim' und blüh' zum Völkerglück, die rote Republik!"
nach der Melodie der Marseillaise, gespielt von der Regimentsmusik. Indessen
notierte Georg Monsch, der sie für Ostpreußen hielt: „Der Kommandant, vermutlich
ostpreußischer Junker, hatte befohlen, alle rote Fahnen und Abzeichen
in den Rhein zu werfen, und so trugen die versklavten ostpreußischen
Instleute nur preußische und deutsche Fahnen". Am nächsten Tag, als Geck
nach Mannheim fuhr, bereitete sich ganz Offenburg auf die Rückkehr der

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