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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 278
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170er in ihre Garnisonsstadt vor, wenn auch nicht ganz im Sinne von Monsch:
„Kinder tragen alle möglichen Fähnchen, sogar türkische und bulgarische
blöden Angedenkens, nur keine roten, obgleich dieser hehren Farbe Frieden
und Freiheit zu danken. O Volk, du läßt dich betören, sei doch klug und denke
endlich an dein Wohlergehen". Das Rgt. 170 übernachtete aber in Bohlsbach
und rückte erst am Vormittag des 22. 11. ein, am Tage des endgültigen
Thronverzichts des Großherzogs Friedrich II. Für die in diesen Tagen einziehenden
Truppen — am 19. 11. war es die 301. Div. mit etwa 3 000 Mann —
veröffentlichte der Offenburger SR am 22. 11. die Richtlinien der Soldatenräte
Badens und ein „Willkommen in der Heimat!", das sich von den bisherigen
Äußerungen seines Vorsitzenden Hptm. Heinrich mit der Frage distanziert:
„Will der Soldatenrat lediglich für die Verbesserung der Mannschaftsverpflegung
eintreten? Will er nur eine Gerichtskommission sein, die ungerechte Bestrafung
verhindert?" Mit seiner Antwort „Nein und nochmals nein!" verpflichtete
er sich, „im demokratischen Volksstaat für eine weitgehende Sozialisierung
unserer Volkswirtschaft durch Verstaatlichung der dafür geeigneten
industriellen Großbetriebe zu wirken" und warnte gleichzeitig reaktionäre
Elemente: „Wehe denen, die es wagen, die errungenen Freiheiten anzutasten".
Es kam nun darauf an, wie die 170er auf die Warnung reagieren würden, zumal
das Abrücken des Ers. Batl. 172, das zuerst in Offenburg „die roten Fahnen
der Freiheit und Republik" (Monsch) entfaltet hatte, in seine neue Garnison
in Thüringen bevorstand.

Der „Alte" hatte zwar den 170ern ein herzliches Willkommen entboten, war
aber vom ersten Eindruck ihres Eintreffens wenig begeistert: „Vor dem Stadthause
hielt der Festzug der Garnison, die vom obersten Bürger Hermann begrüßt
wurde. Den Gegengruß leistete die Mannschaft noch nach dem alten militaristischen
System mit Hurrah, und die Musik spielte die alldeutsche Melodei
. Vom neuen freien Deutschland ist bei dieser Truppe noch wenig bekannt,
man hat ihren Soldaten den roten Schmuck der deutschen Republik zu tragen
versagt. Eine Scheu vor dem Rot ist krankhaft vorhanden und politische Gespensterfurcht
wurde den 170ern eingeflößt". Der Kommandeur, Oberstleutnant
von Ilenfeld, hatte entgegenkommenden Soldaten die roten Abzeichen
entfernen lassen und die Bestrafung von Angehörigen der 301. Div. veranlaßt,
die auf der Straße den bisher üblichen Gruß unterließen. Das Bestehen auf das
„altmilitaristische Zwangsgrüßen" auf der Straße mußte die Soldaten besonders
aufbringen, denn zu den Punkten des Kieler Soldatenrates vom 4. 11.
1918, die wie fast alle anderen von den übrigen Soldatenräten im Reich übernommen
worden waren, zählte nach dem Muster eines Befehls des Petrograder
Sowjet vom 1. 3. 1917 die Forderung, welche der Offenburger SR in seinem
Aufruf vom 12. 11. 18 knapp formuliert hatte: „Außer Dienst keine Vorgesetzten
." Die Soldaten reagierten mit Ausschreitungen gegen die Offiziere,
was Geck bedauerte, aber mit der Revolutionsbegeisterung entschuldigte. Am
Abend wies der AR auf einer Sitzung den Oberbürgermeister darauf hin, welche
große Gefahr durch das feindselige Verhalten des 170er Offizierkorps ge-

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