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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0143
Reisepaß ausstellten, wurde von der zuständigen Gendarmeriestation ein Gutachten
eingeholt, ob Anlaß zu der Vermutung bestehe, die Auswanderung sei
nur geplant, um dem Militärdienst zu entgehen.21

Ein entscheidender Faktor, der das Ausmaß der Auswanderung mitbestimmte
, war die verbesserte Nachrichtenübermittlung zwischen den Kontinenten,
also zwischen den Ausgewanderten und ihren Verwandten in der Heimat22.
Erfolgsberichte regten zum Nachreisen an, oft auch wurde das Reisegeld aus
Amerika geschickt. Andererseits hielten Berichte über politische und wirtschaftliche
Schwierigkeiten in den Staaten manchen Auswanderungslustigen
in der Heimat zurück. Während des Sezessionskrieges ließ die Auswanderung
merklich nach, stieg aber schon 1865 wieder an. Im Abschnitt „Auswanderung
" im Jahresbericht des Bezirksamtes Achern von 187323 heißt es, es wären
mehr Auswanderer fortgezogen, wenn nicht trostlose Nachrichten von Ausgewanderten
über Teuerung und Erlahmung der Geschäfte in Amerika eingelaufen
wären. Dagegen nahm mit dem Jahr 1879 die Auswanderung, die sich in
den Vorjahren auf sehr niedrigem Stand gehalten hatte, wieder einen deutlichen
Aufschwung. Aus Nordamerika waren gute Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten
gemeldet worden, und zuhause machte sich der Mangel an lohnenden
, d.h. gewerblich-industriellen Arbeitsplätzen fühlbar. Hinzu kamen einige
Fehlernten im Weinbau, die Geldknappheit zur Folge hatten. Dennoch
wanderten aus den Rebgemeinden hauptsächlich jüngere Männer einzeln aus,
während aus den Feldbau treibenden Orten der Ebene ganze Familien abzogen24
. Von den Auswanderern aus den Rebgemeinden wurde meist Vermögen
aus dem Verkauf von Grundstücken mitgeführt. In den Dörfern der Ebene
trug in vielen Fällen die Gemeinde die Auswanderungskosten für ärmere Familien
und hielt sich an der Verpachtung des Allmendanteils der Auswanderer
schadlos25. Erst in der Mitte der achtziger Jahre sank die Zahl der Auswandernden
wieder, da sich die Arbeitsmöglichkeiten im Inland verbesserten.

Einwanderungen fanden praktisch nicht statt. Nur selten werden in den Jahresberichten
der Bezirksämter Einwanderer aufgeführt. Es handelt sich dann
meist um Italiener und in einigen Fällen um Württemberger. Ihre offiziell gemeldete
Zahl blieb in allen Berichtsjahren unter zehn.

Land-Stadt- Wanderung

Etwa seit den siebziger Jahren wurde aber die Auswanderung mehr und mehr
von der Binnenwanderung, der Land-Stadt-Wanderung, überlagert, die ein
weit stärkeres Ausmaß annehmen sollte. Mit der wachsenden Bedeutung von
Industrie und Gewerbe für das Wirtschaftsleben auch im Großherzogtum Baden
begannen die Industriestandorte die landwirtschaftlich beharrenden Räume
im Bevölkerungswachstum zu überflügeln, da sie mit ihrem Bedarf an
Arbeitskräften, auch an ungelernten Arbeitern, und mit ihrem Angebot an
vergleichsweise guten Verdienstmöglichkeiten Arbeitskräfte aus dem ländli-

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