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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0210
Nach dem Verbot der SPD am 22. Juni 1933 wurden auch mehrere Haslacher
Sozialdemokraten verhaftet, unter ihnen das Vorstandsmitglied August Obert
und erneut der bereits aus der SPD ausgetretene ehemalige Vorsitzende des
SPD-Ortsvereins Friedrich Reppner.132 Oft waren es auch unbedachte Äußerungen
gegen Hitler und seine Partei die bisher unbescholtene Bürger in
Schutzhaft brachten. Der parteilose Kaufmann Anton Prinzbach wurde am
Fronleichnamsfest 1933 verhaftet, weil er im Gasthaus „Engler-Baier" gegen
die Hitler-Regierung schimpfte.133 Der ehemalige Zentrumsgemeinderat Josef
Haberstroh kam nach Wolfach in Schutzhaft, weil er sich am Stammtisch des
Hotels „Kreuz" kritisch gegenüber Hitler äußerte. 1333 Wie nervös die neuen
Machthaber reagierten, zeigen folgende Begebenheiten: Als der Sozialdemokrat
Rudolf Baumann am 1. Mai in seiner Wohnung bei offenem Fenster auf
seinem Grammophon die „Marseillaise" und die „Internationale" spielte,
wurde er verhaftet und als städtischer Arbeiter vom Gemeinderat entlassen.134
Der Nationalsozialist Albert Steidinger beobachtete von seiner Wohnung in
der Mühlenstraße aus, wie sich die beiden Kommunisten Gottfried Heizmann
und Matthias Fix mit dem Rotfrontgruß begrüßten. Er verständigte NS-Orts-
gruppenführer Krafft, der beide verhaften ließ.135 Den Terror der Nationalsozialisten
mußten auch die Haslacher „Zeugen Jehovas" fühlen. Am 12. November
1933, dem Tag der Reichstagswahl und Volksabstimmung, wurden
der Bibelforscher Wendelin Schille und seine Frau verhaftet, weil sie sich geweigert
hatten, zur Wahl zu gehen.136

Überall in Haslach gab es Spitzel der Nazi-Partei, die alles daran setzten, verdächtige
Personen bei der SA oder SS zu denunzieren.137 „Hier war auch jenen
kleinen und schmutzigen Motiven des Karriereehrgeizes, der persönlichen
Feindschaft . . . Tür und Tor geöffnet."138 Wie schlimm dieser „individuelle
Terror"139 in Haslach war, wird einem deutlich, wenn man die Tagebuchaufzeichnungen
Wilhelm Engelbergs aus dem Jahre 1933 liest. Er schreibt am 4.
September: „Die Angeberei in Haslach hört nicht auf. Man wird an die Zeit
der Hexenprozesse erinnert." Haslach halte, so meint Engelberg, im Verhältnis
zu seiner Einwohnerzahl „den Rekord an Verhaftungen im ganzen badischen
Land."140

132 W. Engelberg, Tagebuchaufzeichnungen, StAH; Interview W. Keppner.

133 W. Engelberg, Tagebuchaufzeichnungen, StAH; Interview Prinzbach.
133a Interview Schille.

134 Ratsprotokoll v. 29. 5. 1933, StAH.

135 W. Engelberg, Tagebuchaufzeichnungen, StAH.

136 Ebenda sowie Interview Habermann.

137 W. Engelberg zählt in seinen Tagebuchaufzeichnungen zahlreiche solche Beispiele auf. Vgl. auch Interviews
Prinzbach, Schille und Harter.

138 Karl Dietrich Bracher, Deutschland zwischen Demokratie und Diktatur. Berlin/München 1964, S. 173. Vgl.
zum Spitzelsystem der Nazi-Diktatur auch Kuczynski, a.a.O., S. 79ff.

139 Kuczynski, a.a.O., S. 79.

140 W. Engelberg, Tagebuchaufzeichnungen, StAH.

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