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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0239
Rechtsradikale Mordparole:

,,Laßt uns froh und munter sein, schlagt dem Wirth den Schädel ein!"

Um die wirtschaftliche Lage nicht noch zu verschlimmern, stimmten A. Geck
und seine Parteigenossen von der USPD am 11. 5. 1921 im Reichstag mit der
SPD, dem Zentrum, einigen Demokraten und Volksparteilern für die Annahme
des Londoner Ultimatums, das den Einmarsch alliierter Truppen im Ruhrgebiet
androhte, falls die von der Reparationskommission am 27. 4. festgesetzten
Verpflichtungen von 132 Milliarden Goldmark, zahlbar in 37 Jahresraten,
nicht angenommen würden (15. 5. 21). Reichskanzler Wirth (Zentrum), der
am Vortage sein Amt angetreten hatte, konnte die Zustimmung gerade noch
vor Ablauf des Ultimatums herbeiführen; als „Erfüllungspolitiker" mußte er
den Haß der Nationalisten auf sich ziehen, die in zahlreichen Kampfverbänden
organisiert waren. In ihr Umfeld gehörten auch soldatische Traditionsverbände
, die Geck mißtrauisch beobachtete. Ein Treffen des ehem. 4. Garde-
Regiments am 29. 5. 21 in Berlin, „wobei der aus dem Kapp-Putsch berühmt
gewordene Oberst Reinhard die Festrede hielt" und „ein Parademarsch mit
klingendem Spiel vor den Offizieren, darunter Prinz Eitel Friedrich in Generalsuniform
" geklopft wurde (5. 6. 21), bot ihm Anlaß, auch das für den 5. und
6. 6. in Offenburg angekündigte Treffen der Angehörigen des ehem. Reserve-
Inf.-Regiments 110 als „eine ausgesprochene, militaristische Kundgebung im
neutralen Gebiet" zu kritisieren. Für sich genommen, schienen solche Zusammenkünfte
ehemaliger Frontsoldaten ganz natürlich, aber Geck sah den
Zweck einer solchen Veranstaltung, bei der wie in Offenburg alle Kriegsteilnehmer
und jedermann eingeladen waren, in einem größeren Zusammenhang,
wie er von dem Gernsbacher Historiker Sontheimer formuliert wurde: „Das
Kriegserlebnis wurde zu einem entscheidenden Leitmotiv für die Protesthaltung
gegen die Weimarer Republik ausgestaltet".7 Klarblickend kommentierte
der „Alte" eine Skagerakschlacht-Gedenkfeier vom 31. 5. in Berlin: „Welche
bitteren Folgen diese offenen und versteckten militaristischen Veranstaltungen
der Orgesch (Organisation Escherich) haben werden, kann jeder vernünftige
Mensch nur mit Sorge erkennen". 4 Tage nach Erscheinen des Artikels, am
9. 6., wird in München der bayrische USP-Führer Gareis von Rechtsradikalen
erschossen. Als blutrünstige „Poesie" der Orgeschleute zitierte Geck am
31. 7. aus einem schwäbischen Blatt ein „Dokument einer verbrecherischen
Verrohung", das einleitend zum Mord an Wirth aufforderte und mit dem
Vers endet: „Knallt ab den Walter Rathenau, die gottverfluchte Judensau".
Daß „dem blutrünstigen Patrioten, der aus Freude über das Verbrechen an
Erzberger die Ermordung der deutschen Staatsmänner Dr. Wirth und Rathenau
poetisch-satanisch empfahl", das Druckgeschäft nicht gelegt wurde, wie Geck
kritisch bemerkte (2. 7. 22), ist heute kaum mehr vorstellbar. Gegen Matthias
Erzberger, der sich von Hindenburg hatte überreden lassen, an Stelle der verantwortlichen
Militärs die undankbare Aufgabe zu übernehmen, im November
1918 als Leiter der deutschen Waffenstillstandskommission die Verhandlun-

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