Freiburger historische Bestände - digital

In dieser Veröffentlichungsreihe stellt der Verein seit nun 75 Jahren Themen
aus der Geschichte des mittelbadischen Raumes vor. Dabei spannt sich der
Bogen vom mikrokosmischen Aspekt aus der Dorfgeschichte bis zur weit über
die Grenzen unseres Raumes hinausreichenden politischen Betrachtung.

Jeder Beitrag läßt zu jeder Zeit ein ihm zugrundeliegendes Geschichtsbewußtsein
erkennen.

Nun ist aber Geschichtsbewußtsein immer Gegenwartsbewußtsein in historischer
Perspektive. Entweder befinden wir uns, um den Titel des Romans von
Marcel Proust zu zitieren, „auf der Suche nach der verlorenen Zeit", oder wir
erkunden den Weg in eine bessere Zukunft und suchen dabei historische Erfahrung
nutzbar zu machen. In beiden Fällen wird die Gegenwart zur Vergangenheit
oder zur Zukunft in Beziehung gesetzt und damit ihr Ort in dem übergreifenden
Prozeß der Geschichte zu ermitteln versucht.

Was kann nun ein Historiker in unserer Zeit, im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts
tun, damit jene doppelte Suche nach dem vergangenen und dem
künftigen Geschehen nicht in Nostalgie oder in ein im schlechten Sinne utopisches
Denken mündet?

Er sollte versuchen, eine historische Begründung der Maßstäbe zu liefern, an
denen wir unser gegenwärtiges Handeln messen. So sehr Zweifel angebracht
sind, ob von der Historie erfolgversprechende Rezepte zur Erreichung politischer
Ziele oder zur Vermeidung von Fehlern erwartet werden dürfen, so
sicher scheint es mir andererseits, daß uns die Geschichte wertvolle Orientierungshilfen
geben kann. Damit reicht die Bedeutung eines Historischen Vereins
weit über die Pflege von Prozeß- oder Ereignisgeschichte oder über die
„Förderung der Heimatliebe" hinaus.

Ich wünsche allen Teilnehmern der Hauptversammlung eine gelungene und
interessante Veranstaltung und einen schönen Aufenthalt in Offenburg.

Offenburg, im September 1985
Martin Grüber, Oberbürgermeister

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