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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 165
(PDF, 109 MB)
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dorfung", und „Verzelgung" zu beschreiben uns angewöhnt haben30. Die
Siedlungen und Dörfer grenzen ihre Anspruchszonen gegeneinander ab, die
Dorfgemarkungen treten stärker hervor. Im Zuge der anhaltenden Bevölkerungszunahme
werden die knapper werdenden Landreserven intensiver genutzt
, die bebaute Ackerflur wird immer weiter in die Wald- und Weidezone
der Allmende hineingetragen. Mit dem Begriff der Vergetreidung bezeichnen
wir den Vorgang der Ausdehnung der Getreideanbauflächen und der Spezialisierung
der landwirtschaftlichen Produkte auf Getreide. Um den Boden optimal
zu nutzen, werden parallel zur Verdorfung intensivere Formen der
Fruchtfolge entwickelt, und zwar häufig in Gestalt der Dreifelderwirtschaft
bzw. Dreizelgenwirtschaft. Dieser als Verzelgung bezeichnete Prozeß führt im
Dreifeldersystem zu einem jährlichen Wechsel von Winterfrucht, Sommerfrucht
und Brache. Mit Zeigen oder Schlägen bezeichnen wir dabei die drei
Großfelder, in die die Ackerflur des spätmittelalterlichen Dorfes in der Regel
eingeteilt ist. Die individuelle Fruchtfolge ist von jetzt an ausgeschlossen; aufgrund
der notwendigen Kooperation und gemeinsamen Abstimmung unterliegen
alle Hofbesitzer dem dörflichen Flurzwang.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Entstehung des Dorfes war der Wandel
der Grundherrschaftsordnung, wie er sich in der bereits geschilderten Umgestaltung
des alten Fronhofsystems vollzog. Für das hochmittelalterliche
Dorf brachten es die Auflösung der Fronhofverbände und der Übergang zu
Grundherrschaftsformen mit vorherrschender Abgabenbelastung mit sich,
daß die Bedeutung der Fronhöfe im ländlichen Wirtschaftsraum bis zu Beginn
des 14. Jahrhunderts ständig zurückging. Der Fronhof stand nun nicht mehr
wie ehedem im Zentrum des bäuerlichen Alltags- und Wirtschaftslebens; stattdessen
war das bäuerliche Leben jetzt stärker auf das sich verfestigende Dorf,
die dörfliche Wirtschaft mit Flurzwang und Feldgemeinschaft und die sozialen
Beziehungen innerhalb der Dorfgenossenschaft bezogen. Der Übergang
von der alten Hofgenossenschaft zur neuen Dorf- und Landgemeinde ist dabei
mehr im Sinne einer allmählichen Schwerpunktverlagerung denn als ein plötzlicher
Vorgang zu verstehen. Die alten Fronhöfe behielten zudem auch gewisse
Vorrechte im dörflichen Wirtschaftsleben, wie den Vorschnitt zur Erntezeit,
und fungierten weiterhin als Zentren der grundherrlichen Gerichts- und Verwaltungsorganisation
.

Die Veränderung in der Siedlungsstruktur, in den Wirtschaftsverhältnissen
und in der Grundherrschaftsorganisation haben demnach im Laufe des Hoch-
und Spätmittelalters auf vielfältige Weise zur Herausbildung von Dorfgemeinden
mit eigenen Kompetenzen und Organen beigetragen31. Die Intensivierung
der sozialen Beziehungen und die Komplizierung wirtschaftlicher Initiativen
erforderten eine stärkere Reglementierung und Sicherung der für die ländliche
Gesellschaft des Hochmittelalters wichtigen Bereiche: Neue Normen für das
Zusammenleben mußten erstellt, Organe für die Einhaltung dieser Normen
eingerichtet und Institutionen zur Klärung von Normverstößen geschaffen

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