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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 393
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Brandkasse mit 2500 fl „und die Ersparnisse an Bauholz, das zum Wiederaufbau
an die Kolonisten vergünstigungsweise hätte gegeben werden müssen."
Das Finanzministerium meinte dazu, daß eine Auswanderung außer Landes
zweckmäßiger sei als die Übersiedlung in eine andere Gemeinde, weil „die erzwungene
Aufnahme gering bemittelter Familien nicht geeignet ist, den Eifer
für das Beste der Gemeinde bei den Ortsbürgern zu heben."

Zunächst wollte man die Auswanderung aus den Waldkolonien nicht weiter
fördern. Als aber im Jahr 1850 der Verdienst der Hundsbacher Kolonisten insgesamt
nur 3500 fl betrug und deshalb die Frage laut wurde, wie sie davon leben
und Kapital- und Bodenzinsen zahlen sollten, meinte die Forstdirektion,
man dürfe die Geneigtheit der Kolonisten zur Auswanderung, die sich auf
günstige Nachrichten der früher Ausgewanderten gründe, nicht ungenutzt lassen
, um auf diese Art eine Anzahl der ärmsten Kolonisten, besonders ledige
Frauenpersonen und deren Kinder loszuwerden. Ein von der Bezirksforstei
daraufhin gefertigtes Verzeichnis nannte 35 Familien mit 140 Personen. Es
umfaßt insbesondere arme, kinderreiche Familien, die durch ihre Unterstützungsbedürftigkeit
„der Forstkasse zur Last fielen", außerdem alte, gebrechliche
Personen, die sich durch Arbeit nicht mehr ernähren konnten. Ob man
wirklich glaubte, sie würden sich in Amerika besser durchsetzen können, ist
kaum anzunehmen. Sie wurden gewissermaßen ausgesetzt, ihr weiteres
Schicksal war gleichgültig, wenn man sie nur los war. Wer arm, kinderreich,
dem Staat irgendwie lästig war oder nicht guttat, wurde mit mehr oder weniger
Zwang zur Auswanderung vorgeschlagen, nicht nur in den Waldkolonien.
Es dauerte lange, bis man das Beschämende dieses Vorgehens begriff. Einstweilen
aber sah man nur Vorteile, und die Kolonisten rissen sich förmlich darum
, auswandern zu dürfen. Domänenrat Eberlein aus Karlsruhe reiste im
Frühjahr 1851 eigens in die Waldkolonien, um die Auswanderer auszuwählen.
Sein Bericht: „Zur Auswanderung entschlossen sich oder wurden bestimmt:
Verarmte oder der Vergantung nahe, gebrechliche, hauptsächlich aber arbeitsscheue
und liederliche Leute sowie liederliche Weibspersonen samt ihren unehelichen
Kindern." Auch hier ging es also nicht ohne Zwang. Auf diese Weise
wurden im Sommer 1851 143 Kolonieeinwohner auf Kosten der Forstkasse
„nach Amerika geliefert." Die Forstkasse zahlte die Kosten der Überfahrt
von Mannheim über Bremen nach New York. Die Kosten betrugen 73 fl für einen
Erwachsenen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 13 824 fl. Die Auswanderer
besaßen vielfach nur schlechte Kleider, deshalb wurden ihnen solche auf
Kosten der Forstkasse beschafft. „Da man besorgen mußte, daß die Auswanderer
in den Kolonien und im Bühlertal von ihren unbefriedigt gebliebenen
Gläubigern belästigt würden, wurden sie von Gendarmen zum Bahnhof in
Bühl gebracht." Das war der Abschied von der badischen Heimat.

Im folgenden Jahr, 1852, meldeten sich wieder zahlreiche Kolonisten zur Auswanderung
, „meistens Proletarier, die zu gar nichts nützen und dem Staat
nach und nach zur Last fallen." Jetzt war es nicht mehr so leicht möglich, ein-

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