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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 395
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0395
Die Aufhebung der Beschränkungen

Mit dem Jahr 1870 fielen die bis dahin für alle Staatsbürger geltenden gesetzlichen
Beschränkungen der Eheschließung auch in den Kolonien weg. Damit
verringerte sich auch die Zahl der unterstützungsbedürftigen unehelichen Kinder
. Die Forstverwaltung konnte sich nur schweren Herzens mit diesen „demokratischen
Bestimmungen" abfinden. Die Bezirksforstei Herrenwies richtete
im Jahr 1870 an das Bezirksamt Bühl die Anfrage, „ob wirklich das neue
Ehegesetz in den Kolonien so weit ausgedehnt werden kann, daß dem Kolonieherrn
, dem Grund und Boden gehört, und dem die Unterstützungspflicht
obliegt, keine Mitteilung von der Eheschließung mehr gemacht werden muß."
Da gerade die ärmsten Kolonisten ausgewandert waren, wurde auch die Forstkasse
von jetzt an weniger für Unterstützungen beansprucht. Gleichzeitig erhöhte
sich die auf die verbliebenen Familien entfallende landwirtschaftliche
Nutzfläche, so daß auch in dieser Beziehung eine Beruhigung eintrat.

So hatten sich die meisten, auf die Zeit der Entstehung der Waldkolonien zurückgehenden
Bindungen und Beschränkungen im Lauf der Zeit aufgelöst.
Geblieben waren zwei wesentliche Besonderheiten, ihre Eigenschaft als sog.
abgesonderte Gemarkung und die Einrichtung der Bodenzinsgüter. Das
20. Jahrhundert hat auch sie in einem notwendigen geschichtlichen Prozeß
aufgehoben, weil sie von der Entwicklung überholt und nicht mehr notwendig
waren.

Als abgesonderte Gemarkungen bezeichnete man seit der badischen Gemeindeordnung
von 1831 große zusammenhängende Waldgebiete in der Hand des
Staates, die kaum besiedelt waren und deswegen keinem Gemeindeverband
zugeteilt waren. Die Aufgaben der allgemeinen Verwaltung und der Polizei
wurden durch das zuständige Forstamt wahrgenommen. Diese Einrichtung
hatte schon immer zum Widerspruch herausgefordert, und so waren denn
auch die abgesonderten Gemarkungen in Frankreich 1791 und in Württemberg
1849 beseitigt worden, indem man jetzt dem Grundsatz folgte, daß jedes
Grundstück einer Gemeindegemarkung zugehören müsse. Ausschlaggebend
war zuletzt der Wunsch der Gemeinden, die Waldungen des Staates und des
großen privaten Besitzes zur Grundsteuer heranziehen zu können. Deshalb
ordnete die badische Gemeindeordnung von 1919 die Aufhebung aller noch
bestehenden abgesonderten Gemarkungen ohne Wenn und Aber an. Aus diesem
Grund sind die Waldkolonien Herrenwies und Hundsbach im Jahr 1930
in einem Eingemeindungsvertrag der Gemeinde Forbach im Murgtal — zusammen
mit dem Waldbesitz der Murgschifferschaft — zugewiesen worden.
Es war eine gute Entscheidung. Die Waldkolonien waren zu schwach, sich als
selbstständige Gemeinwesen zu behaupten, und die Forstbehörden waren auf
die Dauer nicht geeignet, die Aufgaben der Gemeinden zu übernehmen. Der
Staat wurde seiner Aufgabe als Kolonieherr, die ihm immer fremd geblieben
war, enthoben. Eine starke leistungsfähige Gemeinde hat den Schutz der

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