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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 396
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Waldkolonien übernommen. Aufgaben wie der Neubau eines Schulhauses,
Anlage und Unterhaltung der Gemeindewege, Beschaffung von Feuerlöscheinrichtungen
werden jetzt von der größeren Gemeinschaft erfüllt, die Waldbesitzer
leisten ihr einen angemessenen Anteil. Die Waldkolonisten haben die
Aufgabe ihrer Selbstständigkeit nie bedauern müssen. Die Eingemeindung
nach Forbach war der Abschluß einer langen, leidvollen Entwicklung.

Das 19. Jahrhundert hat mit der Herstellung der persönlichen und wirtschaftlichen
Freiheit des Bauernstandes und mit der Aufhebung der dem Boden
noch anhaftenden vielfachen Abgaben und Lasten die Voraussetzung geschaffen
für die Befreiung der Landwirtschaft aus jahrhundertelanger Erstarrung.
Im Gegensatz zu dieser allgemeinen Tendenz ist das staatliche Obereigentum
an den Bodenzinsgütern in Herrenwies, Hundsbach und Erbersbronn noch
lange beibehalten und erst im Jahr 1970 aufgehoben worden. Diese Frage war
schon während des 19. Jahrhunderts mehrfach erörtert worden. Aber stets
zeigte sich, daß die Waldkolonisten in ihrer unglücklichen wirtschaftlichen
und sozialen Lage nicht im Stande gewesen wären, den zwar geringen, aber
für sie trotzdem unerschwinglichen Ablösungsbetrag aufzubringen. In Wirklichkeit
war die Einrichtung der Bodenzinsgüter und das staatliche Obereigentum
an diesen schon zur Zeit ihres Zustandekommens ein Fremdkörper im System
des Grundbesitzes. Es stammt aus dem alten Lehensrecht; dieses hat das
dominium directum oder Obereigentum geschaffen, dem das dominium utile
oder Untereigentum nachgeordnet ist. Dem Untereigentümer stand nur die
Überbesserung, also der durch Rodung gewonnene Mehrwert des Bodens und
das Eigentum an den Gebäuden zu; dafür hatte er Bodenzinsen zu entrichten.
Besitzänderung und Belastung des Bodenzinsguts bedurften der Genehmigung
durch den Obereigentümer, also hier durch die staatliche Forstverwaltung.
Dieses Recht galt lange als unverzichtbares staatliches Steuerungsmittel. Seine
Angemessenheit und Notwendigkeit wurde in den Unruhen und Wirren der
Jahre 1918 und 1919 erneut in Frage gestellt. Die Kolonisten konnten erleben,
wie drüben im Bühlertal die Bauern in der Kriegszeit immer wohlhabender
wurden. Die Schwierigkeiten der Lebensmittelversorgung in den Kolonien ließ
den Wunsch hervortreten, sich selbst mit Lebensmitteln zu versorgen. Als
Pächter und Zinszahler seien sie unfrei, eingeschränkt in ihrem Handeln und
nicht in der Lage, ihrem Boden den höchsten Ertrag abzugewinnen. Bei der
Zufuhr von Lebens- und Futtermitteln würden Arbeitkräfte und Arbeitszeit
unnötig vergeudet; bei richtiger Landbewirtschaftung könnten auch die Waldkolonien
einen Überschuß an Nahrungsmitteln hervorbringen. Bei dem herrschenden
staatlichen Obereigentum sei das ganz unmöglich.

Dabei wurde jedoch übersehen, daß die Ungunst des Klimas, der kurze Sommer
und die geringe Wärme und die durch die standörtlichen Gegebenheiten
beschränkte Fläche nur wenig Entwicklungsmöglichkeiten gestatten. Nicht
das staatliche Obereigentum hatte die geringen Erträge zur Folge, sondern die
unabänderlichen Bedingungen von Boden und Klima in diesem rauhen und

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