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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 411
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0411
Armut beruhe auf verschiedenen Ursachen. Die Gemeinde Ottenhofen leide
besonders darunter, daß sich hier eine Menge Heimatloser und solcher Individuen
angesiedelt hätte, die früher die Wohltaten des Klosters Allerheiligen genossen
und dieses ausgenützt hätten. Nach der Aufhebung seien diese, darunter
auch Arbeitsscheue, den angrenzenden Gemeinden, besonders denen des
Achertales zur Last gefallen.

Die zahlreichen Abgaben, Staatssteuern, Gemeindeumlagen, die Umlage für
Kriegskosten und die Zehntverschuldung würde die Bevölkerung derart belasten
, daß keine Aussicht bestände, eine Besserung der Verhältnisse zu erreichen
, wenn hier seitens des Staates keine grundlegende Änderung erfolge. Die
gegenwärtige ungerechte Besteuerung, bei der die Besitzer wohlhabender Bauernhöfe
, deren Steuerwerte relativ niedriger wären als diejenigen der Kleinbauern
, günstiger wegkämen, solle beseitigt werden, wozu die vorgesehene
Katastervermessung die Grundlage bilden müsse.

Das Grundeigentum bestehe nicht nur aus den Hofgütern, deren Eigentümern
es noch erträglich gehe. Zahlreiche Höfe seien jedoch aufgeteilt worden und in
keinen Ertrag abwerfende Besitztümer zersplittert, deren Eigentümer davon
nicht leben könnten. Diese seien auf Taglohn angewiesen, den es kaum oder
zumeist nicht gebe, so daß viele Arme untätig seien und sogar betteln müßten,
was man im übrigen — da es zum gewohnten Bild des Tages gehöre — gar
nicht mehr anstößig finde. Zudem käme ein unverantwortlicher Kinderreichtum
, insbesondere in den Taglöhnerfamilien und „von ledigen Weibspersonen
" vor, der die allgemeine Not noch vergrößere.

Durch die erst seit dem Forstgesetz verbotene Waldweide seien die Privatwaldungen
, dies auch durch rücksichtslose Behandlung und mangelnde Sachkenntnis
, in schlechtestem Zustand. Die hohen Berge des Kapplertals seien besonders
in Ottenhofen kahl, sie seien anstatt mit Holz, mit „elenden Pfrim-
men bewachsen", der landwirtschaftliche Betrieb liege ebenso im argen.

Aus dem Bericht Gerwigs mit seinen schonungslosen Schilderungen der allgemeinen
Armut und Not, die im übrigen schon Jahre vor der badischen Revolution
1848/49 den Achertalgemeinden große Sorge bereitete und von Behörden
und Regierung vermutlich in ihren Ausmaßen nicht zur Kenntnis genommen
worden war, entwickelte sich zunächst ein umfangreicher Schriftwechsel
mit den verschiedenen Behörden, die offenbar geschlafen hatten.

Ihm ist ferner zu entnehmen, daß die Not im Achertal im Vergleich zu anderen
badischen Gebieten besonders groß gewesen sein muß. Von der Regierung,
von Behörden und Fachstellen wurden darauf die verschiedensten Vorschläge,
geeignete und ungeeignete, zur Behebung dieser Not gemacht. Seitens der Regierung
wurden Steuererleichterungen gewährt und Mittel zur Linderung der
Not der Ärmsten bereitgestellt. Es gab zusätzliche Mittel für den Ausbau der
Achertal- und für den Bau der Ruhesteinstraße. Die Forstverwaltung stellte

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