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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 274
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betrieb einstellen müßten, damit mit dem gesamten Wasser geflößt werden
konnte. Da auf dem Unterlauf der Rench wenig geflößt wurde, weil in Oberkirch
das Holz gestapelt und auf der Straße nach Straßburg gebracht wurde,
gab es in der Folgezeit mit den Flößern keinen weiteren Streit mehr.

Anders verhielt sich die Sache mit den Landwirten. Im Sommer 1605, als eine
große Dürre herrschte, schöpften wider das Verbot der Ortenauer Herrschaft
Oberkircher Untertanen Wasser aus dem Fluß und zogen Bewässerungsgräben
. Die Müller konnten wegen des ohnehin schon niedrigen Wasserstandes
kaum noch mahlen. Der Obermüller Hans Ziegler erwischte 4 Oberkircher
Untertanen aus Haslach, als sie mit Kübeln und Schöpfgefäßen das kostbare
Naß aus der Rench entnahmen. Er nahm ihnen wutentbrannt die Schöpfgeschirre
weg.50 Als Ziegler die Woche darauf den Oberkircher Wochenmarkt
besuchte, nahm ihn der dortige Amtmann Dr. Nikolaus Gerbelius in Haft und
verlangte für die Wegnahme der Schöpfgefäße eine Frevelstrafe von sage und
schreibe 100 Gulden. 14 Wochen schmorte Ziegler im Gefängnis, er konnte
die Summe nicht beibringen, während Frau und Kinder hungerten. Gerbelius
weigerte sich, dem Müller auch nur eine Audienz zu gewähren. Die Frau
Zieglers wandte sich an die vorderösterreichische Regierung in Ensisheim. Der
Fall drohte zur Staatsaffäre zu werden. Endlich hatten die diplomatischen Bemühungen
des Ortenauer Landvogtes Erfolg: Ziegler wurde freigelassen, aber
ihm wurde nahegelegt, die geforderte Summe auf jeden Fall zu erstatten. Der
Müllener Obermüller dachte nicht daran. Als er freilich nach einem Jahr sich
im Oberkircher Machtbereich in Renchen aufhielt, wurde er erneut ergriffen
und nach Oberkirch ins Gefängnis verschleppt. Er wurde „tyrannischer weys
abermals 12 Wochen in so hartter haftung gefangen und gepeiniget", daß er
dem Tode nahe war.51 Der württembergische Amtmann — die Herrschaft
Oberkirch war damals an die Herzöge von Württemberg verpfändet — ließ
Ziegler in Ketten die Krankenkommunion reichen, was besondere Empörung
hervorrief. Die hochschwangere Frau Zieglers war völlig verzweifelt. Gerbelius,
mochte er nun sein rachsüchtiges Gemüt befriedigt haben oder ihm die ganze
Affäre, die bereits die Regierungen beschäftigte, über den Kopf gewachsen
sein — gab endlich nach und ließ Ziegler gegen Erstattung einer Summe von
27 fl. und 3 Batzen frei.

Der Konflikt um die Wiesenbewässerung schwelte noch im 19. Jahrhundert.
So führte 1888 die Handelskammer über die Wasserentnahme der Wiesenbesitzer
Klage.52 Die Landwirte antworteten darauf, daß sie seit Jahren ohnehin
geringe Öhmderträge hätten, und fragten rhetorisch die klagenden Werksbesitzer
: „Also nicht einmal Wasser soll der Landmann haben?"

Auch untereinander gruben sich die Müller gelegentlich das Wasser ab. Am
28. Juni 1781 erschien der Müller Jörg Pfaff vor dem Gericht Appenweier und
klagte über den Obermüller Xaver Hund, weil letzterer das Wasser im Mühlbach
nicht ablaufen lasse und in die Mühlenbühnd ableite. So könne er nicht

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