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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 415
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noch mutige zwölf Bürger, die mit „Nein" stimmten bzw. 78 Wahlberechtigte,
die nicht im Sinne der Nazis ihre Stimme abgaben.48

Zielstrebig und mit deutscher Gründlichkeit versuchten die Nationalsozialisten
jede Möglichkeit von Widerstand gegen ihre Gewaltherrschaft zu zerschlagen.
Parteien und andere Organisationen, vor allem der Arbeiterschaft, waren bis
Sommer 1933 weitgehendst lahmgelegt. Die Presseorgane waren zensiert bzw.
ganz verboten oder im Sinne der herrschenden Partei angepaßt.49

Eine organisierte Arbeiterschaft hat es in Oberharmersbach nicht gegeben.
Aber auch von den kulturell tätigen Vereinen schienen die braunen Machthaber
Angst zu haben. Von der jeweiligen Vorstandschaft verlangte man Leumundszeugnisse
, um sicher zu gehen, daß sie sich nicht gegen die Diktatur
bestätigten.50

Was den braunen Machthabern anscheinend Grund zu Besorgnis gab, war die
organisierte Katholische Jugend, die in Oberharmersbach in der DJK zusammengeschlossen
war.51 Der Anlaß für die Zerschlagung der DJK war eine eher
private Auseinandersetzung. Bei der Sonnwendfeier der SA auf dem Oberhar-
mersbacher Sportplatz 1935 sangen junge Rekruten ihre eigenen Lieder und
fielen somit als Störer auf. Der stellvertretende Scharführer Roser aus Unterharmersbach
verwarnte die „Störer", die sich ihrerseits den Mund nicht verbieten
lassen wollten. Als Roser sich dann nachts gegen halb elf mit dem Fahrrad
auf den Heimweg machte, lauerten ihm drei Beteiligte auf und erteilten
dem Parteigenossen eine gebührliche Abreibung. Der nächtliche „Überfall"
wurde politisiert. Neun junge Männer (Albert Lehmann, Josef Lang, Fridolin
Lehmann, Georg Winterhalter, Karl Boschert, Wilhelm Bleier, Wilhelm Lehmann
, Otto Pfundstein und Wilhelm Haaser) kamen in Haft. In
einem publizistisch aufgebauschten Prozeß erhielten sie wegen gefährlicher
Körperverletzung je drei Wochen Haft, die die neun Verurteilten im Offenburger
Gefängnis absitzen mußten. Für die Nazis war dies der willkommene
Anlaß, die DJK aufzulösen. Während einer über diesen Vorfall anberaumten
Versammlung im Vereinslokal „Adler" tauchte die Geheime Staatspolizei
auf. Das Vermögen wurde beschlagnahmt, die Fahne eingezogen. Die DJK
hatte aufgehört zu existieren.52

Damit war die „Machtergreifung" auf örtlicher Ebene abgeschlossen. Der
Bürgermeisterposten war neu besetzt, was wahrscheinlich sowieso erfolgt wäre,
wenn auch unter anderen Vorzeichen. Im Gemeinderat bzw. Bürgerausschuß
fehlten fraktionelle Bindungen, also entfiel auch die „Auswechslung" von
Kommunalvertretern, die sich jetzt ohnehin willig im Sinne der „nationalen
Regierung" anpaßten.

Umbesetzungen in den Vereinen waren nicht erforderlich, die Einstellung der
Vorstandsmitglieder reichte von stillschweigender Duldung bis uneingeschränkter
Begeisterung.

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