http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0446
Glocke angebunden, um zu hören, ,falls die Kuh nachts aus seinem Stall abgeholt
werden sollte.60
Die Kommunisten setzten sich auch in der Folge für die Familie Bühler ein. In
der schon erwähnten Ausgabe des „Roten Besen" vom 17. 12. 32 wird Bürgermeister
Dr. Schumann angegriffen, weil er erneut eine Pfändung bei Frau
Bühler wegen der rückständigen Kirchensteuer von 14,05 RM veranlaßt hatte,
die von der Zeit herrührte, als sie noch nicht aus der Kirche ausgetreten war.
Diesen Schritt habe sie inzwischen vollzogen, weil sie „das wahre Gesicht und
die Scheinheiligkeit dieser christlichen Würdenträger kennen gelernt hat."
Diese Andeutung bezieht sich auf den Bürgermeister, dessen christliche
Grundeinstellung ja allgemein bekannt war, der aber bei dieser Gelegenheit
der Frau Bühler erklärt haben soll, ,,,sie tauge nichts als Wirtschafterin und
Frau, sonst würde sie die RM 3,20 (die von ihr geforderte und vom Bürgermeister
abgelehnte Unterstützung) pro Tag für ihren Mann und auch die nötigen
Mittel für ihren Sohn aufbringen'."
Die Einlieferung Bühlers in die Irrenanstalt Wiesloch ist ein Jahr später Gegenstand
einer Interpellation der kommunistischen Landtagsfraktion; die
Diagnose „chronische Geisteskrankheit" wurde von ihnen bestritten. Bühler
selbst verlangte die Eröffnung der Hauptverhandlung, um seinen Fall als
„Notwehr" darstellen zu können. Aber seine Bemühungen blieben vergeblich
und so verbrachte er die Zeit bis 1945 in Wiesloch.
Auswirkungen der Deflation
Überall war Geld knapp, sogar auf der Sparkasse. Die Politik des knappen
Geldes durch Reichskanzler Brüning brachte die Kredite fast zum Erliegen.
Gleichzeitig setzte eine Bewegung der Sparer ein, die ihre Einlagen zurückhaben
wollten. Am 14. 7. 31 warnte die „Schwarzwälder Post" vor Angstabhebungen
. Kurz zuvor war die Danat-Bank zusammengebrochen, und die Krise
war dadurch einer breiten Öffentlichkeit erstmals in ihrer ganzen Dimension
zum Bewußtsein gekommen.61 Am 1. 8. 31 schränkten die Geldinstitute die
Auszahlungen ein. Die Meldung hierüber verknüpfte die Heimatzeitung mit
der Warnung vor unnötigen Abhebungen und erläuterte dem Publikum, warum
die Sparkasse nicht immer alle Spareinlagen zur Barauszahlung parat haben
kann. Die dabei mitgeteilten Zahlen ergeben im Vergleich zu früheren Jahren
auch ein getreues Bild der aufkommenden Krise:62
1928
Spareinlagen 1277652,26
Darlehen an Wirtschaft 484867,08
Hypotheken 393053,00
Darlehen an Gemeinden 170028,00
+ in%
1929
+ in%
1930
24,8
1594865,89
9,6
1747444,71
20,3
583329,68
3,9
605968,12
58,3
622029,00
22,2
760302,50
56,6
266182,00
6,9
284636,80
446
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