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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 455
(PDF, 91 MB)
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den müssen, daß es gestorben sei und daß es wegen der Seuchengefahr hatte
eingeäschert werden müssen. Die angegebenen Todesursachen waren für die
Angehörigen oft leicht als vorgetäuscht durchschaubar (Hirnschwellung,
Blutvergiftung, plötzlich aufgetretenes Rückenmarksleiden, Atemlähmung (!)).
Nachfragen und Proteste der Hinterbliebenen nach genaueren Informationen
wurden mit massiven Briefen beantwortet, in denen mit Verleumdungsklagen
und Gestapo gedroht wurde. Bald häuften sich auch Proteste der Bevölkerung
aus der Umgebung von Grafeneck. Dies führte zum Eingreifen Himmlers:
„Wie ich höre, ist auf der Alb wegen der Anstalt Grafeneck eine große Erregung
. Die Bevölkerung kennt das graue Auto der SS und glaubt zu wissen,
was sich in dem dauernd rauchenden Krematorium abspielt. Was dort geschieht
, ist ein Geheimnis und ist es doch nicht mehr. Somit ist dort die
schlimmste Stimmung ausgebrochen, und es bleibt m.E. nur übrig, an dieser
Stelle die Verwendung der Anstalt einzustellen und allenfalls in einer klugen
und vernünftigen Weise aufklärend zu wirken, indem man gerade in der dortigen
Gegend Filme über Erb- und Geisteskranke laufen läßt. Ich darf Sie um
Mitteilung bitten, wie dieses schwierige Problem gelöst wurde."4

Auch von kirchlicher Seite wurde massiv gegen die Euthanasie protestiert. So
schrieb der evangelische württembergische Landesbischof D. Theophil Wurm
am 19. 7. 1940 an den Reichsminister Dr. Frick: ,,...; denn alle Konfessionen
sind darin einig, daß der Mensch oder das Volk die ihm durch das Vorhandensein
pflegebedürftiger Menschen auferlegte Last als von Gott auferlegt
zu tragen hat und nicht durch Tötung dieser Menschen beseitigen darf."5

Auch der Freiburger Erzbischof Konrad Gröber verurteilte die Morde in seinen
Predigten scharf, und in einem Schreiben vom 1. 10. 1940 an den Bad.
Innenminister mit dem Betreff „Sterbehilfe" betonte er, daß „dem Staat kein
Recht zusteht, schuldlose Menschen nach vielen Hunderten und Tausenden zu
töten." (Rappenecker, S. 66).

Aufgrund dieser energischen und vielfältigen Proteste wurde die Tötungsanstalt
Grafeneck geschlossen, aber das Morden ging weiter, so in der Anstalt
Hadamar bei Limburg/Lahn und in den KZ.

Aus dem Anlauf der Euthanasiemaßnahmen in den mittelbadischen Anstalten
läßt sich erkennen, daß es erfolgversprechend war, mit Zivilcourage gegen die
Nazis aufzutreten.

Das Schicksal der einzelnen Anstalten:

1. Heil- und Pflegeanstalt IHenau in Achern

14. 5. 1940 Die Verlegung von 50 Kranken wird angeordnet. Die Anstalt
ist wegen der Frontnähe als Lazarett vorgesehen. Der Leiter,
Dr. Hans Römer, versucht, dies zu verhindern. Zuständig für

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