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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 273
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Im 2. Weltkrieg wurde die Eisenbahn mehrmals von Tieffliegern angegriffen
und die Fahrgäste mit Bordwaffen beschossen. Mehr als einmal suchte man
unter den Waggons Schutz vor den Fliegern.

Bei einem Angriff zwischen Rheinbischofsheim und Diersheim gab es mehrere
Tote. Auch in Freisten wurde am 3. Oktober 1944 durch Tiefflieger am Bahnhof
ein Mann mit Namen Klotter getötet. Am 23. Nov. 1944 wurde Kehl innerhalb
von 2 Stunden fluchtartig geräumt. Es gelang, nachts das rollende
Material fast vollständig in Richtung Schwarzach und Lahr wegzufahren. Das
Südnetz der MEG endete dann in Sundheim, das Nordnetz vor der zerstörten
Kinzigbrücke. Da wo heute die B 36 den Bahndamm der Bundesbahn unter-
quert, stand rechts ein ausgedienter Eisenbahnwaggon ohne Räder, wo man
sich unterstellen und Fahrkarten kaufen konnte. Ebenso stand oben auf dem
Bahndamm der „Staatsbahn" ein alter Waggon ohne Räder, der als Bahnhof
Kinzigbrücke diente (also für Kehl, das man ja nicht betreten konnte). Auf
Holzstufen kletterte man den Bahndamm zum „Bahnhof" empor, um den Zug
in Richtung Appenweier zu besteigen. Die andere Richtung war ja für Deutsche
gesperrt.

Der Eisenbahnverkehr kam nach dem Krieg wieder relativ rasch in Gang.
Aber viele Waggons waren zerstört; bei noch fahrbereiten waren oft die Scheiben
zerschlagen. Man behalf sich, indem man anstelle der Scheiben die Fensteröffnungen
mit Brettern vernagelte. In der Mitte gab es eine Öffnung von
ca. 30 x 30 cm mit einer Glasscheibe. Wie ein Guckloch sah es aus. Später
gab es beim Autohaus Enders für die Strecke Kehl —Bühl eine Haltestelle mit
einem offenen Wartehäuschen; für die Strecke Kehl —Lahr, wo das Bähnel entlang
der Hauptstraße mitten durch Kehl fuhr, bei der Rheinbrücke einen kleinen
Bahnhof. Da es nach dem Krieg nur wenige Autos gab, mußte man für
alle Besorgungen, die auswärts zu erledigen waren, soweit man nicht das Fahrrad
benutzte oder gar die Strecke auf Schusters Rappen hinter sich brachte, die
Bahn benutzen. Auch die vielen Hamsterfahrer, die etwas Mehl, Kartoffeln
oder Tabak „ergattert" hatten, fuhren mit dem Zug. Es gab Kontrollen, wo
Koffer, Rucksäcke und Taschen der Reisenden durchsucht wurden. Auch ich
war als kleiner Bub oft auf Achse. Einmal Mehl holen in Auenheim, einmal
Öl in Ulm, wo lange Schlangen vor der Ölmühle Schell standen.

Während zur Zeit des Krieges und in den ersten Jahren danach die Eisenbahn
fast das einzige Verkehrsmittel war, nahm die Bedeutung des Bähnel mit der
beginnenden Motorisierung immer mehr ab. Weil die Bahn - und nicht nur
die MEG — immer weniger Mitfahrer fand, war sie natürlich immer weniger
rentabel. Eine weitere Überlegung ,weg von der Bahn' war, daß bei Busbetrieb
die teure Unterhaltung der Gleisanlagen wegfallen würde. Und nicht zuletzt
die Gleisführung entlang der B 36 stand einem Ausbau der Straße im
Wege. Gewissen Leuten waren hier auch die Bäume längs der Straße im Wege
, man hat sie dann abgeholzt. So waren die Tage der Kleinbahn, unseres

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