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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 320
(PDF, 112 MB)
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Demokratie reifer ist, als es in den letzten 14 Jahren war, und uns Führer gegeben
werden, die uns das hehre Gut der Demokratie unverfälscht erhalten".
Dann wolle er wieder mitarbeiten - möge aber „bald die Zeit der Diktatur"
vorüber sein.34

Leben und Überleben im „Dritten Reich"

„Als Hitler die Macht übernahm, wurde es einsam um mich."35 Alte Parteifreunde
zogen sich von G. Trautwein zurück, „um leichter den Weg zu den
Nazis zu finden". Er selber trat im April 1933 unter Protest aus dem Schilta-
cher „Gewerbe- und Handwerkerverein" aus, dessen Vorstand er bis dahin gewesen
war, als dieser auf einer außerordentlichen Generalversammlung
„gleichgeschaltet" werden sollte, und scheute sich nicht, dies auch schriftlich
mitzuteilen: „Als Demokrat lehne ich es ab, einem Verein anzugehören, der
politisch einseitig aufgezogen, nur den Zweck verfolgt, jede berechtigte Kritik
Andersdenkender zu unterdrücken". Mit den neuen Verhältnissen und ihren
Machthabern konnte er sich einfach nicht abfinden und zeigte dies auch in
Kleinigkeiten, so der Absage an die „NS-Wohlfahrt", die ihn zu Spenden aufforderte
: Seit Jahren schon würde er Bedürftige unterstützen, „ohne öffentliche
Aufforderung hierzu", ansonsten müsse er einem arbeitslosen Schwager,
der ohne behördliche Unterstützung sei, Hilfe zukommen lassen. Mut gehörte
schon dazu, daß er im Herbst 1933 beim Bankett anläßlich einer Schuhmacherfachausstellung
nicht aufstand, „als die Lieder der Nation des Dritten Reiches
gesungen und die Hand zum Gruße erhoben wurde. Mein Vorbild veranlaßte
ca. 10 Personen sich wieder zu setzen und es mit mir zu halten". Als beim
deutschen Turnfest 1933 in Stuttgart Hitler und Göbbels auf der Tribüne erschienen
und die Menge in Begeisterung ausbrach, „war ich weit und breit der
einzige, der die Hand nicht erhob und sich nicht an der Ruferei beteiligte",
trotz der Beschimpfungen und Drohungen der Umstehenden. Bis ins Jahr 1935
hinein war das Haus von G. Trautwein, das repräsentativ am Marktplatz lag,
das einzige, das bei den zahlreichen Kundgebungen jener Tage keine Fahne
zeigte. „Daß wir die Fensterläden schlössen, sollte klar zeigen, daß wir mit
der Sache nichts gemein hatten". Erst unter dem Druck der Partei, der es auf
das geschlossene Fahnenmeer am Marktplatz ankam, schaffte der andere
Hausmitinhaber eine Hakenkreuzfahne an. Um 1936 kamen die alten Parteifreunde
der ehemaligen DDP nochmals in Villingen zusammen, darunter Dr.
Wäldin, W. Stahl, W. Zehnder, um die politische Situation zu besprechen. Es
war G. Trautwein, der meinte, man müsse wieder politisch aktiv werden, doch
mußten alle Anwesenden sich die Sinnlosigkeit jeglichen Vorhabens eingestehen
.36 1938 lehnte G. Trautwein bei einer Gerberinnungsversammlung in
Baden-Baden in Anwesenheit des Reichsinnungsmeisters, eines SS-Obersturmführers
, den ihm wiederholt angebotenen Obermeisterposten in Baden mit der
Begründung ab, daß er „mit dem Dritten Reich nicht einig gehe", eine Erklärung
, die „wie ein Hammerschlag wirkte".

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