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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 328
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Die unmittelbare Nachkriegszeit

Die ersten Tage nach der französischen Besetzung, dem sog. „Umsturz", sind
auch in Schiltach ziemlich chaotisch verlaufen. „Auf dem Marktplatz standen
schwere Panzer, Spähwagen kamen und fuhren wieder weg", und noch am
Abend des 21.4. dröhnte Kanonendonner von Halbmeil her, wo am Bühl eine
deutsche Abteilung starken Widerstand leistete, einige Gefallene und getötete
Zivilisten hinterlassend. Gefangene deutsche Soldaten wurden auf dem Marktplatz
gesammelt und auch die auf Heimaturlaub sich befindlichen oder vom
Lazarett beurlaubten Schiltacher kamen in Gefangenschaft.39 Durch die Ortsschelle
wurde am 22.4. die Ablieferung aller Radio- und Fotoapparate auf
dem Rathaus bekannt gemacht. G. Trautwein traf dort viele seiner Mitbürger
und sah die vielfach aufeinandergeschichteten Radios, „eine Menge, die ich in
Schiltach nicht erwartet hätte". Ihm und dem gleichfalls anwesenden Chr. Joos
gratulierte der evangelische Stadtpfarrer Schropp, „daß es uns gelungen sei,
Schiltach so zu schützen"; auch von anderer Seite hörten sie, daß sie das Städtchen
gerettet hätten.40

Inzwischen waren auch die Fremdarbeiter zurückgekehrt, abgerissen und
hungrig, und von einem Teil von ihnen ausgehend kam es an zwei aufeinanderfolgenden
Tagen (am 22. und 23.4.) zu Plünderungen von Bekleidungs- und
Schuhgeschäften, an denen sich aber auch Einheimische beteiligten, was „ein
dauernder Schandfleck für diese Leute sein und bleiben wird". Für G. Trautwein
zeigte sich „ein widerliches Bild vollständigen wirtschaftlichen und politischen
Zerfalls", wobei ihm aber klar war, wie es dazu hatte kommen können:
„Vabanquespieler übelster Art, die ein fleißiges Volk in 12 Jahren dem Ruin
auslieferten, Banditen, Verbrecher von Beruf hätten nicht schlimmer das Erbe
Hindenburgs antreten können. . . Was Jahrhunderte deutscher Fleiß, Können
und Geist in der Welt für uns errangen, was der Sparsinn von Generationen
erbaute, hat der Despot Adolf Hitler zerschlagen, vernichtet!"

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich am 30. 4. die Nachricht, daß der ehemalige
Ortsgruppenleiter A. Vornfett und der Parteigeschäftsführer E.Kramer verhaftet
und in Halbmeil erschossen worden waren. G. Trautwein hat auch diesen
aufsehenerregenden Vorgang in seine Notizen aufgenommen und die Erschießung
mit der von Vornfett befohlenen Deportation der Fremdarbeiter in Verbindung
gebracht. Das Mordkommando setzte sich aus einem jugoslawischen
Fremdarbeiter, einem zugezogenen Deutschen aus Köln und als „Chef" einem
angeblichen französischen Offizier zusammen, der sich zwei Tage lang in
Schiltach als Ortskommandant aufgespielt haben soll und nachher verschwand.
Ob hier eine französische Geheimdienstoperation stattfand oder ein privater
Racheakt vorlag, bleibt ungeklärt.41 G. Trautwein konnte die Erschießung gerade
Vornfetts nicht verstehen, da dieser „1933 in sehr anständiger Weise mit
allen Nichtnazis umging" und auch in der ganzen Zeit „nie jenen Radikalismus
gepredigt und gezeigt hat, wie so manche andere Nazis". Ihm war jedoch auch

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