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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 373
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schuß" eingesetzt habe. Der Bürgermeister solle ab sofort seinen Erholungsurlaub
antreten, da er sich andernfalls dem Verdacht der Verschleierung aussetze
.

Nun blieb Schumann nichts anderes mehr übrig, als sich beurlauben zu lassen.
Ihm drohte „Schutzhaft", eine besonders bösartige Behandlung mißliebiger
Gegner. Unter dem Vorwand, die Sicherheit kritisch eingestellter Bürger könne
vor der aufgebrachten Menge nicht mehr garantiert werden, wurden Menschen
verhaftet, bis sich die Wogen der Aufregung wieder geglättet haben. Die
„Schwarzwälder Post" berichtet von Schutzhaftnahmen am 7. 3. (2 Personen),
am 16. 3. (3 Personen), am 25. 6. (2 Personen) und am 24. 8. (1 Person), zumeist
Kommunisten. Am 1. Juni berichtete die Heimatzeitung über die Schutz-
häftlinge im KZ Heuberg, „deren bisherige staatsfeindliche Betätigung darauf
schließen läßt, daß sie sich auch nach ihrer Entlassung in diesem Sinne betätigen
werden." Neben kommunistischen waren auch sozialdemokratische und
pazifistische „Hetzer, Funktionäre und Abgeordnete" auf dem Heuberg. Mit
der Auflage, eine Erklärung über loyales Verhalten gegenüber der Regierung
zu unterschreiben, wurden einige zu Weihnachten 1933 wieder entlassen.122
Unter diesem Druck kapitulierte Schumann und erklärte am 10. 10. seinen
Rücktritt, nachdem ihm vom Gemeinderat die Stelle des Stadtrechners angeboten
wurde. Daraufhin heißt es im Protokollbuch lakonisch: „Der eingesetzte
Prüfungs- und Überwachungsausschuß hat hiermit seine Tätigkeit beendet."

Nachdem es in der Folge nicht zu einer Einigung über die Gehaltsansprüche
Schumanns kam, wurde er am 19. 2. 34 offiziell entlassen, auf Intervention
des Innenministers jedoch nicht aus politischen Gründen, da er als Schwerkriegsbeschädigter
Anspruch auf Fürsorge des Staates habe. Somit konnte er
weiter im öffentlichen Dienst beschäftigt werden.

Schumann trat später als Oberstiftungsrat in die Erzbischöfliche Verwaltung
ein. Er war dort in guter Erinnerung, da er noch 1933 den Dekanats-Kirchentag
Kinzigtal123 organisiert hatte. Auf seinen Wartegeld-Anspruch verzichtete
er, als er die neue Stelle antrat.

Für Adrian Kopf war nunmehr der Weg an die Spitze der Stadt frei. Am 7.5.
34 wurde er zum kommissarischen Bürgermeister ernannt, womit die Phase
der Gleichschaltung abgeschlossen war.

Die Einschüchterung hatte schon zuvor Früchte getragen: Bei der Volksabstimmung
am 12. November 1933 stimmten von 1 339 Wahlberechtigten
1 210 (= 90,4 %) mit Ja. Die Wahlbeteiligung (1 334 von 1 339) betrug fast
100 %. Alle Wähler erhielten nach der Abstimmung einen großen Ja-An-
stecker, den sie sichtbar tragen mußten. Die 80 Nein- und 44 ungültigen Stimmen
zeigten aber auch noch einen gewissen Widerstand, den die Parteioberen
aber im Siegestaumel zunächst verkrafteten.

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