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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 400
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Immerhin hatten die letzten Tage vor dem Einmarsch der französischen Truppen
noch unter dem Zeichen des Volkssturmes gestanden16, die Jugendlichen
von 14 Jahren an (Mädchen ab 16) schanzten am Westwall17, in Euenheim
standen Panzer im RAD-Lager einsatzbereit18: alles Anzeichen der deutschen
Kampfbereitschaft, die um so leichter täuschten, als die Franzosen auf die Begegnung
mit einem Volk von Gewalttätern vorbereitet waren. In der Eröffnungsrede
des ersten Schulungsseminars der französischen Militärverwaltung
in Deutschland (Administration Militaire Frangaise en Allemagne, AMFA)
hieß es, die Franzosen sollten nie vergessen, daß die Deutschen die Gewalt anbeteten
und daß Liberalität von ihnen nur als Schwäche gedeutet werde; man
müsse sie wie Orientalen behandeln19. Der Redner anerkannte die technische
Überlegenheit der Deutschen, aber die Franzosen seien eben die Vertreter des
westlichen Humanismus und müßten sich dementsprechend benehmen.

Ähnliche Ansichten wurden von den meisten französischen Stellen vertreten;
sie bilden in einer seltsamen Nachbarschaft zu den Begriffen „Sicherheit" (se-
curite) und „Kohle" (charbon)20 eine Art von Doktrin, die Frankreichs zivilisatorische
Berufung auch dann hervorhob, wenn gerade Kontrollen verschärft
wurden und Eingriffe gerechtfertigt werden sollten21.

Diese Einstellung muß vor dem Hintergrund des Krieges und der damit für die
Franzosen verbundenen Erfahrungen gestellt werden; der Wiederaufbau des
Landes stellte Forderungen, die ohne die Einnahmen aus dem im Vergleich
weniger geschwächten, besetzten Teil Deutschlands nicht einzulösen schienen22
. Diese Umstände gaben dem Marshallplan wegen seiner Auswirkungen
in der FBZ, aber vor allem in Frankreich selbst, eine längst erkannte Bedeutung23
.

Die Richtlinien für die französische Okkupation in Deutschland, die im Juli
1945 von der provisorischen Regierung (Secretariat General du Comite Inter-
ministeriel des Affaires Allemandes et Autrichiennes) erlassen wurde24, beinhalten
politische Grundsätze und Hinweise, die auf dem Deutschlandbild der
Franzosen und auf dem vermeintlichen Frankreichbild der Deutschen beruhen.
Strenge und Gerechtigkeit zeigen, bei den Truppen jede Schlamperei verhindern
, keine Anzeichen von Schwäche geben: das waren die Grundregeln, nach
denen gehandelt werden sollte — was nicht bedeutet, daß sie immer befolgt
wurden.

Ansonsten enthielten diese Richtlinien neben territorialen Ansprüchen, die die
damals eben festgesetzten Grenzen der FBZ in Frage stellten, die Grundthemen
, mit denen die Franzosen auch in Lahr die Besetzung antraten:

— Sicherheit (Securite) war oberstes Gebot;

— Frankreich konnte sich keine zusätzlichen Lasten aufbürden, die Zone mußte
also materiell unabhängig sein;

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