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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 435
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Ere meint in unserer Erzählung das äußere Ansehen, die Geltung innerhalb der
ritterlichen Gesellschaft, die vor allem auf den kämpferischen Leistungen gegenüber
Feinden in der Schlacht oder gegenüber Gegnern im Turnier beruht.

Milte ist die Freigebigkeit gegenüber den ritterlichen Standesgenossen, ausgeübt
mit dem Ziel, deren Kampfeskraft und höfischen Glanz zu steigern und sie
enger an den Geber zu binden.

Trüwe ist die Aufrichtigkeit jenen gegenüber, denen man auf Grund von
Sippen- oder Standesbindungen verpflichtet ist.

Zuht schließlich ist das standesgemäße höfische Benehmen, das dem Normkodex
entsprechende Verhalten.

Der Ritter von Staufenberg, den diese vier Tugenden in hohem Maße auszeichnen
, ist ein vorbildlicher adeliger Krieger: vorbildlich für die Jungritter, die
die Erzählung hörten und von denen härtester Einsatz in ihrem Waffenhandwerk
und die Fortführung der höfisch-ritterlichen Tradition erwartet wurden.

Zur Vorbildlichkeit gehört auch die Einhaltung der tradierten religiösen Formen
wie Gottesdienst, Gebet und Sakramentenempfang.

Die oben zitierten kritischen Stimmen der Wissenschaftler tadeln die fehlende
Einheitlichkeit des Werkes, die fehlende Konvergenz der Erzähl- und Sinnschichten
.

„Moderne Dichtungsinterpretation geht . . . vom Postulat und der Arbeitshypothese
aus, daß das vollkommene Kunstwerk in sich einhellig sei; das Zusammenstimmen
aller Stilzüge, die Identität des Kunstwerkes mit sich selbst, seine
Ganzheit nachzuweisen ist ihr Ziel", sagt Max Wehrli14 und formuliert im
Hinblick auf das Mittelalter: „Man darf allgemein vermuten, daß mittelalterliche
Dichtung und vor allem auch die höfische Erzählung unter den Gesetzen
einer Poetik stand, die nicht mehr die unsere ist."15

Der „ungeheure mittelalterliche Traditionalismus", der dem überlieferten Erzählstoff
auch dann sein Lebensrecht läßt, wenn ihn der Dichter eigentlich
nicht mehr für seine Zwecke brauchen kann, hat zur Folge, daß die einzelne
mittelalterliche Dichtung in der Regel ein „mehrschichtiges Gebilde ist, auch
beim anspruchsvollsten Dichter"16.

Das gilt für die Werke Hartmanns, Wolframs und Gottfrieds, es gilt auch für
die Epen Konrads von Würzburg — und für das Werk seines „Nachahmers"
Egenolf von Staufenberg.

Die überlieferte Erzählstruktur wird beibehalten, aber mit neuer Wirkungsabsicht
vorgetragen.

Darum führt die frouwe fromme Reden, ist der Ritter in jeder Situation ein
Musterbeispiel höfischer Tugenden, interessiert den Autor an jedem Detail nur
das, was der Erziehung der heranwachsenden Ritterschaft dienlich ist.

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