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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 504
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suchsweise in seine Heimat entlassen. — Der längere Gebrauch von Molken war für
seine Brustleiden vorteilhaft, sein Aussehen wurde besser, der Auswurf zeigte seit anderthalb
Jahren keine Blutspuren mehr und das früher anhaltende Räuspern verlor sich.

Wir ersuchen das Großh. Physikat in Dienstfreundschaft sich nach Möglichkeit des
Sandhaas gefälligst anzunehmen und uns nach § 44 unseres Statuts seiner Zeit über
denselben Nachricht geben zu wollen.

Illenau 29. 12. 45

Nach der Lektüre der Krankengeschichte stellt sich doch die Frage, ob Sandhaas
tatsächlich der „närrische Maler" war, wie er in Forschung und Öffentlichkeit
seit langem weiterlebt, oder ob er nicht ein Opfer tragischer Zufälle
und elender Zustände war, dem schließlich nicht viel mehr übrigblieb, als um
sich zu schlagen (hier gewinnen jene „kuriosen Bewegungen" plötzlich eine
einleuchtende Symbolik) - und damit im Verständnis der Zeitgenossen „verrückt
" zu werden.

Fünf Jahre nach seiner Einlieferung in die Irrenanstalt erschüttert die Badische
Revolution auch Sandhaas' Heimatstadt Haslach, der Heckerhut taucht in den
Straßen auf — die kollektive Gewalt als Mittel zur Durchsetzung gesellschaftlicher
Forderungen wurde nun wie selbstverständlich von weiten Teilen des
Bürgertums akzeptiert und praktiziert. Daß Sandhaas mit dem Kampf um seine
individuellen Rechte scheiterte, für „verrückt" erklärt wurde, gewinnt vor diesem
Hintergrund der 48er Revolutionen eine besondere Tragik.

Anmerkungen

1 Johann Karl Kempf, Karl Sandhaas, der närrische Maler von Haslach. In: Mein Heimatland
(1930), H. 6/7, S. 223-239.

ders., Maler Karl Sandhaas in Darmstadt und Frankfurt. In: Die Ortenau 20 (1933) 1 — 17.
Schmider, Franz: Maler Carl Sandhaas. Haslach 1959.

Esther Vögely, Der „närrische" Maler von Haslach — Zum 125. Todestag von Carl Sandhaas.
In: Ekkhart 1985 (Badische Heimat 64, H. 4), S. 87-96.

2 Zur Geschichte der Illenau vgl. Schneider Hugo, Die ehemalige Heil- und Pflegeanstalt Illenau
. Ihre Geschichte, ihre Bedeutung. In: Die Ortenau 61 (1981), S. 191—231. - Die gründliche
Studie informiert auch über die therapeutischen Grundsätze dieser Reformklinik, die auch
im konkreten Fall bei Sandhaas angewendet wurden. Die Krankengeschichte von Sandhaas
vermag anschaulich den Anstaltsalltag zu illustrieren und ergänzt so jenen historischen Abriß.

3 Ich danke dem Leiter des Psychiatrischen Landeskrankenhauses in Emmendingen, Herrn Dr.
Krzepinski, für die Genehmigung zum Abdruck der Krankengeschichte. Außerdem danke ich
Dieter Glatzel, Sensenmuseum Achern, für den Hinweis auf das Illenau-Archiv.

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