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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 55
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Feudalrechte forderte, so weckte dies auch hier bei der bäuerlichen Bevölkerung
nicht nur Sympathien, sondern auch alte Leidenschaften, die nach der
blutig niedergeschlagenen Bauernrevolution noch lange nicht zur Ruhe gekommen
waren. Herrschaftliche Vorrechte, Ausbeutung, Bedrückung, Willkür
, Bevormundung und Launen waren in unterschiedlicher Intensität in
zahlreichen Territorien geblieben. Zündstoff hatte sich vielerorts genügend
angesammelt, wobei nicht nur Umfang und Höhe der grundherrlichen Belastung
Anlaß zum Klagen gaben, sondern auch die damit verbundenen möglichen
Schikanen.

Was ist der dritte Stand?

Im Frühjahr 1789 wurde Frankreich von einer Flut politischer Broschüren
überschwemmt, unter denen die berühmte Abhandlung des Abbe Sieyes
„Was ist der dritte Stand?" wohl die meistgelesene war. Seine drei Fragen
und die Beantwortung gingen wegen der prägnanten Formulierung in die Geschichte
ein:

„1. Was ist der dritte Stand? Alles.

2. Was ist er bis jetzt in der staatlichen Ordnung gewesen? Nichts.

3. Was verlangt er! Etwas darin zu werden."

Wer gehörte zum dritten Stand, dem Tiers Etat? Fast alle. Von rd. 25 Millionen
Einwohnern Frankreichs am Vorabend der Revolution gehörten etwa
1,5 % dem Adel an, im ganzen rd. 350000 Personen, die jedoch keine einheitliche
Klasse bildeten, so wenig wie die rund 120000 Angehörigen des
Klerus als dem ersten Stand. Der dritte Stand umfaßte also über 24 Millionen
Menschen, darunter etwa 20 Millionen Bauern.3

Allein schon dieser hohe Anteil der Bauern am 3. Stand, wie der von 85 %
der Landbevölkerung an der Gesamtbevölkerung mag auch ihr Gewicht verdeutlichen
, das sie in die Waagschale der Revolution warfen und das von
Georges Lefebvre sicherlich nicht zu hoch veranschlagt wird: ,,Es würde
wahrscheinlich keine Französische Revolution gegeben haben, wenn der
Haß auf die Feudalherrschaft nicht Bauern und Bürger geeint hätte". Und
auch Markow/Soboul teilen diese Auffassung: „die Revolution hätte nicht
gelingen und die Bourgeoisie nicht den Sieg davontragen können, wenn die
ländlichen Massen passiv geblieben wären".

Da aber nach der Wahlordnung die Vertreter des Tiers Etat nicht direkt
durch das Volk, sondern indirekt gewählt wurden, kamen auf Grund des
Wahlablaufes, bei dem auch über die Abfassung der Beschwerdeschriften
beraten wurde, natürlich die gewandten Redner, vorwiegend die Juristen,
zum Zuge. So schickten die im März in Straßburg gewählten Repräsentanten

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