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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 72
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0072
„An einem Ort wurde ein bischöflicher Beamter (Schultheiß Kühl in Kappelrodeck
) von einem starken Haufen abenteuerlich bewaffneter Bauern in
der Nacht überfallen und so mißhandelt, daß der Schreck ihn tötete. Bei jeder
Mißhandlung ließen die Rachsüchtigen ihn die Worte hören: ,es muß
sein!' als Anspielung auf die Redensart, mit welcher er so oft diejenigen abgewiesen
hatte, die über Unerschwinglichkeit der an sie geforderten Geldleistungen
klagten. An einem zweiten Orte ward von einer andern Masse bewaffneter
Aufrührer ein Beamter (Oberamtsschreiber Minderer in Oberkirch
) nächtlich aus seiner Wohnung geholt, halbnackt vor ihnen hergetrieben
und geängstigt, wobei er zwar nicht sein Leben, aber doch seine
Perücke verlor."

Nach Börsigs Darstellung muß man allerdings vermuten, daß der Schultheiß
den Landvogt dazu bewegen wollte, sich den Bauern zu stellen. Diese hätten
abends die Stadt wieder verlassen, nachdem der Schultheiß in ihnen die Befürchtung
zu wecken wußte, , ,die überrheinischen Revolutionshorden könnten
ihre Höfe und Häuser während ihrer Abwesenheit verwüsten". Börsig
sieht in diesem Vorgang, einen „merkwürdigen konträr-doppelseitigen
Durchblick" in der Beziehung der Bauern zur französischen Revolution.
Das Verhalten der Bauern erinnert lebhaft an die in Frankreich grassierende
Furcht vor den Räubern, die rechtsrheinisch schon zu Beginn der Revolution
genährt und wahrscheinlich auch geschürt wurde, indem man „fürsorglich"
eine militärische Postenkette entlang des Rheines errichtete, um „Gesindel"
den Weg über den Rhein zu verwehren. Wir können dieses Phänomen wieder
in der Revolutionszeit von 1848 beobachten, als ein „blinder Franzosenalarm
" im März ganz Südwestdeutschland in höchste Aufregung versetzte
und badische Truppen von Rastatt nach Kehl und weiter nach Freiburg in
Marsch gesetzt wurden.

Die ,,Belagerung" des Klosters Allerheiligen

Am 26. September zogen bewaffnete Bauern aus den vorderen Gerichten,
insbesondere Ulm, Renchen und Kappel, zu dem Platz vor Allerheiligen, wo
die Ursula-Kapelle steht. Nach Hoscher hatten sich ungefähr 200 mit Flinten
bewaffnete Bauern aus Waldulm dort versammelt. 5 Stunden lang wurde das
Kloster unter unaufhörlichem Beschießen gleichsam belagert, um es zu
zwingen, den beim kaiserl. Reichshofrat anhängigen Waldprozeß einzustellen
. Durch Vermittlungen der übrigen Waldgenossen kam es allerdings nicht
zum Äußersten. Angesichts der ausgestandenen Ängste schickte das Kloster
zwei Deputierte nach Zabern, um landesfürstlichen Schutz zu erbitten. Da
der Herzog von Württemberg dem Wunsche der Regierung in Zabern nach
militärischer Hilfe nicht entsprach, weil er das Militär zum Schutze des eigenen
Landes nicht entbehren könne, wandte sich die Regierung in Zabern an

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