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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 113
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lerweise ist in den Urkunden der Reformklöster diese freie Vogtwahl garantiert
, so daß die Mönche einen, der ihnen ungeeignet erschien, entlassen und
durch einen andern ersetzen durften. Nicht so in der Gengenbach-Urkunde.
Von einer Abwahl des Vogtes durch den Konvent ist nicht die Rede. Der
Papst begnügt sich mit dem allgemein gehaltenen Appell, daß dem Kloster
und seinen Angehörigen keine unrechten Verordnungen und Steuerforderungen
auferlegt werden dürfen.8

Für diesen übervorsichtigen Wortlaut gibt es eine naheliegende Erklärung:
Der Vogt war zu mächtig. Es war der Zähringer Herzog, dessen Familie seit
über hundert Jahren schon das Amt des Klostervogtes von Gengenbach mit
dem Grafenamt in der Ortenau vereint hatte. Ihm gegenüber konnte auch
Abt Gottfried nur den Status quo für sein Kloster reklamieren.

Daß die ungewöhnliche Fassung des Vogt-Paragraphen nicht auf einem Versehen
der römischen Bürokratie beruht, beweist die Urkunde an einer anderen
Stelle. Für den Klosterbesitz im Elsaß wird nämlich eigens das Recht
des Gengenbacher Abtes hervorgehoben, den Vogt über die sechs genannten
elsässischen Dörfer selbst zu ernennen.

Das Stichwort „Elsaß" führt uns zu zwei weiteren Schreiben, die ebenfalls
am 28. Februar 1139 von der Kurie in Sachen Gengenbach verfaßt wurden.
In dem ersten fordert Papst Innozenz den Bamberger Bischof Otto auf, zwei
elsässische Dörfer, die er dem Grafen Sigbert von Werd zu Lehen gegeben
habe, zurückzufordern und sie wieder dem Gengenbacher Klosterbesitz einzufügen
.9 Im zweiten Brief beschuldigt der Papst den elsässischen Grafen,
diese Dörfer mit Gewalt zurückzuhalten, und fordert ihn unter Androhung
einer Kirchenstrafe auf, das Lehen innerhalb von vierzig Tagen dem rechtmäßigen
Besitzer zu übergeben.

Ich halte diesen Vorgang entgegen der bisherigen Forschung für eine Folge
der veränderten politischen Verhältnisse. Graf Sigbert nämlich war der Bruder
des Mainzer Erzbischofs, der bei der Königserhebung Lothars 1125 die
entscheidende Rolle gespielt hat. Das kam der ganzen Familie zugute. Ihr
relativ bescheidener Besitz lag um die heute nur noch in wenigen Mauerresten
erhaltene Burg Werd (Wörth) bei Matzenheim.10 Nur drei Kilometer
davon entfernt liegt eines der Dörfer, worum 1139 der Streit ging. 1130 nannte
sich Sigbert ,,Graf vom Elsaß"; denn er war durch König Lothar mit dem
neugeschaffenen Amte eines Landgrafen betraut worden, der den üppigen
Reichsbesitz im Elsaß verwalten sollte. Als 1138 nach Lothars Tod der Staufer
zur Königsherrschaft gelangt war, erhielt Sigberts Karriere einen Knick.
Die beiden Schreiben aus Rom belegen es.

Am Beispiel einer Urkunde wollte ich zeigen, wie tief das Kloster Gengenbach
in die politischen und gesellschaftlichen Konflikte der Zeit verstrickt
war. Diese Feststellung widerspricht im Grunde genommen völlig der Idee

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