Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 115
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die Leitung des Klosters zu übernehmen. Er war es wohl, der von seinen
Mönchen die strenge Beachtung der Hirsauer Lebensform forderte. Gengenbacher
Mönche mußten zwei umfangreiche Bücher abschreiben, in denen
der größte Hirsauer Abt Wilhelm präzisierte, wie die allgemeinen Vorgaben
der Benediktregel konkret umgesetzt werden sollten. Diese „Hirsauer oder
Gengenbacher Constitutionen"14 regeln bis ins Detail den Tagesablauf, die
Liturgie, die Ämter innerhalb der Gemeinschaft, die Zeichensprache als
Verständigungsmittel beim strengen Schweigegebot, die Strafen für Fehlverhalten
eines Mönches, die Bedürfnisse des Einzelnen in Kleidung und Essen
und vieles mehr.

Das Programm ist nicht geeignet als Einladung für einfache ,,Aussteiger".
Dazu fordert es zuviel an asketischer Bereitschaft. Gleich zu Beginn wird
geradezu gewarnt:15 „Klerikern oder Laien, die unsere Lebensform noch
nicht so genau kennen, soll man eindringlich klarmachen, was sie an Härte
und Strenge auf sich nehmen müssen, wenn sie sich für die mönchische Lebensweise
entscheiden. Sie dürfen keinen Eigenwillen haben, sondern sind
total einem andern unterworfen. Sollten sie dann immer noch den Wunsch
haben einzutreten und ein zweites Mal kommen, um sich vor die Füße zu
werfen, dann sollen sie vom Novizenmeister in die Kirche geführt werden
an den dafür vorgesehenen Ort und sollen warten, bis man sie einkleidet."

Die Gengenbacher Kirche, in der dieses Ritual vollzogen wurde, steht nicht
mehr. Denn in den zwanziger Jahren des zwölften Jahrhunderts wurde das
Klosterareal zu einer Großbaustelle. Die Mönche begannen jenes Gebäude
zu errichten, das wir heute noch, jedenfalls in seinen Grundzügen, bewundern
können.16 Gliederung und Proportionen des schlichten Baues verraten
den Einfluß Hirsaus und entsprechen ziemlich genau jenen des besterhaltenen
Bauzeugen der Reformbewegung, der Klosterkirche in Alpirsbach.

Die Größe des Gotteshauses läßt uns heute noch etwas erahnen von der Größe
des Konventes, der hier Gottesdienst feierte. Denn die Hälfte des Raumes
war für das Gebet der Mönche vorgesehen. Nur im hinteren Teil der Kirche,
abgetrennt durch eine Mauer (die heute natürlich nicht mehr steht), durften
auch die Laien von ferne der mönchischen Liturgie beiwohnen.

Offensichtlich waren auch genügend Mittel vorhanden, um ein Großprojekt
dieser Art verwirklichen zu können. Gewiß hat mancher Mönch dazu seinen
eigenen Besitz eingebracht. Dabei war ihm zuvor durch die Constitutionen
klargemacht worden:17 „Nichts nennt er sein, zu allem sagt er unser, außer
von Vater, Mutter und Schuld; sie nennt er mein oder meine. Und wenn er
von sich spricht, sagt er nicht ich, sondern wir."

Noch heute spiegelt die Klosteranlage etwas von dem kraftvollen Aufbruch
der Mönche wider. Freilich, über seine Bauten kehrte das Kloster auch in

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