Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 137
(PDF, 111 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0137
kingk, dem Kanzler der Herzogtümer Schleswig und Holstein, 1653) bezeichnet
wurde, eine Richtung, die in betonter Abwendung von allen Versuchen
, die Regimentslehre aus dem Theoriezusammenhang der scholastischen
Humaniora herauszulösen und auf zweckrationale, empirisch abgesicherte
Prinzipien zu stellen, am religiösen Begründungszusammenhang von
Herrschaft und an der religiösen Auffassung von Historie als Heilsgeschichte
festhielt.'5 Entsprechend sind die Autoritäten ausgewählt, auf die sich die
Schauenburger und Grimmelshausen stützten. Ihr Gewährsmann in Fragen
der Staatsverwaltung ist Georg Engelhardt von Löhneyß (1552—1622), der
Rat des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Wblfenbüttel. Auch
Reinkingk (1590—1664), Veit Ludwig von Seckendorf (1626—1692) und Johann
Balthasar Schupp (1610—1661) werden herangezogen. Für die ökonomischen
Fragen stützten sich die Verfasser des Friedensrahts vorab auf Jakob
Bornitius (1. Hälfte des 17. Jahrhunderts), einen Jesuiten — man nennt ihn
den Begründer der Kameralistik —, der nun aber wiederum betont sich gegen
den absolutistischen Grundsatz wandte, die Bewirtschaftung eines Landes
primär unter dem Gesichtspunkt der Vermehrung des Staatsschatzes zum
Ausbau eines stehenden Heeres oder gar zur Auffüllung der Privatschatulle
in der Rentkammer des Fürsten zu sehen. Der Friedensraht folgt darin. Unter
der leitenden Vorstellung eines patriarchalischen Regiments — der Landesherr
in Analogie zur 'austeilenden Herrschaft' Gottes einer- und zur Herrschaft
eines Familienvaters andererseits — wird der Grundsatz gepriesen, den
Untertanen Gelegenheit zu geben, sich selbst Schätze zu sammeln, mit der
Maßgabe allerdings, daß sie in Notfällen, wenn das Staatswesen ihrer bedarf,
ihre Finanzmittel dem Regierenden zur Verfügung stellen. Dieses ökonomische
System kann nach dem Friedensrath nur funktionieren, wenn zwischen
Herrscher und Untertan ein Vertrauensverhältnis besteht und der Herrscher
sein Repräsentationsbedürfnis in Schranken hält (S. 214—215, 222).

Erst wenn man die Interessenlage der Schauenburger und der oberrheinischen
Adelsgesellschaft allgemein im Auge hat, fallen gewisse ständestaatliche
Vorstellungen in dem politischen Manual auf. Da wird, wo es um die
Beamtenschaft geht, häufig gegen den Ämterkauf polemisiert und die Praktiken
Ludwigs XIV, eine bedingungslos ergebene bürgerliche Beamtenschaft
zu gewinnen, verurteilt (S. 201). Für die Regierungskammern wird
durchgängig eine Quotenregelung für die Verteilung der Sitze auf Bürgerliche
und Adlige festgelegt, wobei je nach den Aufgaben des Gremiums einmal
der Adel, ein anderes Mal bürgerliche Juristen die Mehrheit haben
sollen, im ganzen aber der Adel einen wichtigen Anteil behält. Die Beamten
insgesamt sollen sich durch Sachkenntnis und Aufrichtigkeit' qualifizieren.
Aufrichtigkeit', das meint den Gegensatz zur Geheimdiplomatie, meint
wechselseitiges Vertrauen, das aus religiöser, ethischer Selbstverpflichtung
entsteht, gegen die Praktiken der Dissimulation, wie sie etwa in der pruden-
tia mixta des Lipsius empfohlen wurden.

137


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0137