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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 294
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Ein Teil der Baukosten wurde demnach durch ein erhöhtes Stiftungs- und
Opfergeldaufkommen aufgebracht. Eine weitere Einnahmequelle wurde vermutlich
durch eine konsequentere Eintreibung von Kreditschulden gewährleistet
.

Wie bedrückend die Zeitumstände vor 1714 gewesen sein müssen, dokumentieren
Eintragungen in den Extanzenregistern.

Darin wurden die ausstehenden Schulden an Boden- und Kapitalzinsen und
Naturalabgaben aufnotiert. Will man sich einen konkreten Einblick in die
finanzielle Lage der Kirchenfabrik bzw. der Zinsabhängigen verschaffen, so
stellen diese Extanzenregister eine äußerst wichtige Quelle dar. Denn zum
einen kann es oftmals vorkommen, daß in den eigentlichen Kirchenrechnungen
im 18. Jahrhundert die „Ist-Angaben" völlig fehlen und nur die „Sollangaben
" aufgeführt werden, zum anderen kann damit die Korrektheit der
Rechnungsführung einigermaßen nachgeprüft werden. Und diese war oft
recht zweifelhaft. So verschwanden im Jahr 1787 urplötzlich ca. 2000 Gulden
ausstehender Schulden, ohne daß aus den Rechnungsunterlagen ein
plausibler Grund festzustellen wäre. Erst eine Revision zu Beginn des
19. Jahrhunderts erkannte die Unkorrektheit der 1787er Rechnung.

Zwischen 1680 und 1723 wuchs die Höhe der ausstehenden Schulden der
Abgabepflichtigen um das Achtfache des Betrags, die Anzahl der Schuldner
um das Doppelte. Die kriegsbedingte Verschuldung vieler Rebbauern verstärkte
sich durch eine rasante Talfahrt der Weinpreise 1710—1713 bzw.
1716-1734. Hinzu kamen mehrere Mißernten: Erbrachten 25 Maß Wein 1710
noch 224 Pfennige, so 1720 nur noch 90 Pfennige.46

Als im Jahr 1724 die Schuldenlast mittlerweile die Höhe des gesamten kirchlichen
Kapitalvermögens erreicht hatte, führte der im gleichen Jahr in das
Amt des Kirchenpflegers eingeführte Ortenberger Vogt Josef Sebastian Gottwald
eine amtlich genehmigte Kirchenerneuerung durch.

Aufgrund der Liquidität der meisten Schuldner bzw. deren Tod infolge der
langen Kriegswirren wurde die Hälfte der Extanzen gestrichen.47

Die steigende Verschuldung der Landbevölkerung im Laufe des 18. Jahrhunderts
stellt kein lokalspezifisches Phänomen dar. Stutzer hat z. B. die Manuale
bayrischer Klöster durchgesehen und festgestellt, daß sich die
Kreditaufnahme von Bauern bei den Klöstern seit Mitte des 17. Jahrhunderts
erheblich verstärkte. Die Klöster wurden zu „Kapitalsammelstellen und
Darlehenskassen".48

Eine weitere Belastung entstand den Rebbauern durch die Verpflichtung zur
Übernahme kostenloser Fuhrfrohnen, die sie beim Kirchenbau zu leisten
hatten.49

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