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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 352
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fessoren der „Polyhistorie"18 bezichtigt: ein Wortspiel, das an Hysterie
denken ließ und der Sache nach den Vorwurf enthielt, bei jedem Problem
die Lösung in der Betrachtung seiner Geschichte zu suchen. Der historische
Ansatz lag Büß auch persönlich, weil er über ein ausgezeichnetes Gedächtnis
verfügte19 und außerordentlich fleißig war. Leider kommt das System,
das in der Wissenschaft auch von Nöten ist, bei Büß etwas zu kurz20.

Wachsende Kirchlichkeit

Die katholische Kirche, deren Stärke in der Wahrung der Tradition liegt,
muß auf den romantisch gestimmten Büß faszinierend gewirkt haben. Bereits
in seiner juristischen Doktorarbeit 182921 befaßte sich Büß mit einem
kirchlichen Thema. Er beleuchtete die Säkularisation, bei der das Kirchengut
verstaatlicht wurde, aus juristischer Sicht. Mit Verweisen auf das römische
Recht und das germanische Recht22 forderte er vom Staat die Anerkennung
einer „Dienstbarkeit", wenn er nicht als Räuber erscheinen wolle.
Mit dieser Dienstbarkeit würde wenigstens grundsätzlich die Pflicht zu einer
Nutzungsentschädigung bejaht. Nach französischem Recht hingegen, an das
sich das badische Recht anlehnte, konnte eine Dienstbarkeit nur bestehen,
wenn sie ausdrücklich als rechtlicher Titel festgelegt worden war. Änderte
sich der Besitzer, so erloschen die alten Dienstbarkeiten. Unter diesem Gesichtspunkt
bestand keine Verpflichtung des Staates, die Kirche für die Säkularisierung
zu entschädigen.

Als Büß in die Zweite Badische Kammer gewählt wurde und am 25. April
1837 seine berühmt gewordene Fabrikrede23 hielt, nahm er zwar in erster
Linie den Staat in die ordnungs- und sozialpolitische Pflicht, aber auch die
Kirche sollte mithelfen, das neue soziale Problem zu lösen. Büß hat allerdings
noch nicht so sehr an soziale Einrichtungen der Kirche gedacht, wie
wir sie heute von der katholischen Caritas und dem ev. Diakonischen Werk
her kennen, sondern an eine moralisch-erzieherische Aufgabe.

Büß, der in seinen Lebenszwanzigern von der Glut der Sinne schwärmte, in
die er sich stürzen wolle, entwickelte sich immer mehr zu einem asketischen
Menschen. So war er der Meinung, die Arbeiter sprächen zu sehr dem Alkohol
zu. Die Kirche solle die Arbeiter zur Mäßigung anhalten, damit sie
nichts von ihrem Lohn verschwendeten, sondern für die Not zurücklegten.
Damit die Kirche die Arbeiter erreiche, müßten die Fabrikherren ihre Arbeiter
und deren arbeitende Kinder sonntags von der Arbeit freistellen und sie
anhalten, den Gottesdienst zu besuchen24. Anschließend sollten Erwachsene
und Kinder schulischen Unterricht erhalten. Auf die Frage, wie Büß zu
seinem kirchenpolitischen Eifer kam, der nicht nur seine Zeitgenossen überrascht
hat, sondern uns auch heute noch zu verwundern vermag, sind die
Einflüsse der elterlichen Erziehung, seine Vorliebe für eine traditionsverhaf-

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