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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 354
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abteilungen einen katholischen und evangelischen Oberkirchenrat. Von der
evangelischen Kirche wurde diese Organisationsform angenommen, nicht
aber von der katholischen. Als Beispiel für die seltsamen Auswüchse des
neuen Staatskirchentums in Baden bietet sich der Streit um die Ausbildung
der Priester dar. Nach dem Trienter Konzil (1545—1562) sollten die Priesteramtskandidaten
nicht wie die anderen Studenten ein freies Leben führen,
sondern in Studienhäusern leben. Die badische Regierung hat zwar ein solches
Haus errichtet, dem Bischof aber keine Mitsprache bei der Festlegung
der Hausordnung eingeräumt. Wollte der Oberhirte die Studenten im Heim
besuchen, so bedurfte es der besonderen staatlichen Genehmigung.

Der Mann, der dieser staatlichen Reglementierung die Stirn bot, war Erzbi-
schof Hermann von Vicari. Zunächst hatte der staatliche Kommissar gegen
seine Wahl, die einstimmig durch die Domkapitulare erfolgt war, Einspruch
eingelegt. Es mußte ein anderer gewählt werden. Bei erneuter Vakanz (1842)
wurde Hermann von Vicari wieder gewählt, diesmal mit zähneknirschender
Zustimmung der Regierung. Als am 24. April 1852 Großherzog Leopold
starb, ordnete die Regierung an, der Erzbischof müsse eine hl. Messe für
ihn lesen. Der Erzbischof berief sich auf das Kirchenrecht, wonach für Protestanten
keine hl. Messe gelesen werden durfte. Er setzte deshalb eine Andacht
für den Toten fest. Aus Protest nahmen die Professoren der Universität
, die meisten von ihnen Katholiken, am evangelischen Trauergottesdienst
teil27.

Als die Regierung den Erzbischof unter Hausarrest stellte, war Büß empört
und verfaßte spontan einen Hirtenbrief, der diese Mißachtung kirchlicher
Freiheit verurteilen sollte. Der Brief sollte kommenden Sonntag von den
Kanzeln verlesen werden, noch bevor die staatliche Zensur davon Wind bekam
. Um an den Wachen vor dem Erzb. Palais vorbeizukommen, beauftragte
Büß sein Töchterlein Mathilde, den Brief im Mieder zu verstecken und
dem Oberhirten zur Unterschrift vorzulegen, was auch gelang. Der Gedanke
der kirchlichen Autonomie wurde für Büß nun unausweichlich.

Liebe zur Monarchie

Obwohl Büß die neuen politischen Mitbestimmungsmöglichkeiten gerne in
Anspruch nahm, blieb er doch ein strenger Verfechter der angestammten
Autorität. Gegen die radikalen Liberalen wie z. B. Friedrich Hecker verteidigte
er immer wieder die großherzogliche Regierung. Als es in Baden dann
1848 gar zur Revolution kam und die Anhänger Heckers zu den Waffen griffen
, versuchte Büß im Sommer 1849 allen Ernstes, eine Gegenrevolution
auszurufen. Hätte Büß seinen Aufruf nicht nur an staatliche und kirchliche Behörden
verschickt, die das Flugblatt verbreiten sollten, sondern dieses selbst
unter's Volk gebracht, wäre es vielleicht zum Bruderkrieg gekommen28. Die

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