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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 405
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0405
,,Wegen unberechtigten Leichenansagens ein Tag Haft"
Vergehen und deren Bestrafung in Oberwolfach nach 1872

Dieter Kauß

Wendet man sich der ,,guten, alten Zeit" eines Dorfes zu, so wird man bald
feststellen können, daß die alte Zeit keineswegs immer auch gut gewesen ist.
Dazu bedarf es nur eines Blickes etwa in das „Verzeichnis über die seit dem
L Januar 1872 verurtheilten Personen", das wir im Oberwolfacher Gemeindearchiv
finden. Dort werden für festgestellte Vergehen Strafen aufgelistet,
die Geld- oder Gefängnisbußen vorsehen. Die Deliktarten zeigen uns heute
nicht nur vordergründig, weswegen die Bürger damals verurteilt wurden,
sondern sie lassen auch erkennen, warum dies so war, wenn wir die Zeit-
und Ortsumstände mitbedenken.

Delikte, um gewisse persönliche Notsituationen abzuwenden, wie Diebstahl
, Bettel, Entwendung von Lebensmitteln und unerlaubte Auswanderung
waren so schwer eingestuft, daß sie nicht mit einer Geldbuße abgegolten
werden durften und konnten. Einfacher Diebstahl brachte 2 bis 8 Tage.
Diebstahl und Betrug 7 Tage, Diebstahl und Bedrohung 6 Wochen, Rückfalldiebstahl
gar 3 Monate Haft im Ortsgefängnis ein. Bettel wurde mit 2—14
Tagen, Bettel und Landstreicherei mit 7 Tagen bestraft. Wegen des letzteren
Delikts wurde ein Bäcker zwischen 1873 und 1882 jährlich mehrfach verurteilt
. Das Ausschicken von Kindern zum Betteln wurde mit einem Tag Haft
geahndet. Stahl man Lebensmittel, mußte man zwei Tage „absitzen", wagte
man unerlaubt die Auswanderung, erbrachte dies 8 Tage Haft.

Die Beleidigung von Respektpersonen wurde teils mit Geld, teils mit Haft
bestraft. Beleidigte man den öffentlichen Gemeindediener, mußte man für
3 Tage in Haft; das gleiche oder die Zahlung von 9 Mark kostete eine Beamtenbeleidigung
. Verunglimpfte man ein Mitglied des Gemeinderates, so war
dies mit 8 Mark Strafe sicherlich ein teurer Spaß.

Auch Gewalttaten wurden teils mit Geld — teils mit Haftstrafen gesühnt:
Körperverletzung erbrachte 5 Tage, erschwerte Körperverletzung bis zu 9
Monate Haft. Körperverletzung und Hausfriedensbruch mußte mit 6 Mark
gesühnt werden. Eine Sachbeschädigung wurde mit 2 Tagen Haft, eine Tätlichkeit
mit 6 Mark bestraft. Einen Brandstifter erwartete ein Strafe von 15
Mark oder drei Tagen Haft.

Ruhestörung oder ruhestörender Lärm zog eine Strafe von jeweils 2 Tagen
Haft nach sich, während Ruhestörung und grober Unfug mit 28 Tagen Haft
bestraft wurden. Vergehen im Bereich der Familie und der Sexualität wur-

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