Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 512
(PDF, 111 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0512
Und wer einmal am Bahnhof die eintreffenden Züge mit den im Schmerz
vereinigten, blutigen Deutschen und Franzosen gesehen habe, der werde
vom Chauvinismus geheilt, wenn sein Herze nicht versteinert sei. In der
gleichen Ausgabe vom 6.9. 1914 kritisierte Geck die deutsche zwiefältige
Moral. Mit vornehmer Überhebung klagten wir die belgische Bevölkerung,
die in ihrer großen Mehrheit christ-katholisch sei, der schauerlichen Verbrechen
an, welche von Frauen, Männern und Kindern gegen die siegreichen
Deutschen, an den Toten, Verwundeten, an den Ärzten des Roten Kreuzes
begangen wurden. Gewiß seien es Scheusale in Menschengestalt, die wider
die Regeln der kriegerischen Satisfikation sich an den Eroberern des Landes
vergriffen, aber sie beriefen sich auf den mildernden Umstand, daß man sie
patriotisch begeisterte, sich mit allen Mitteln zu wehren. Aber gäbe es nicht
auch unter den Deutschen Erscheinungen, welche die Tugenden der Humanität
und die Lehre des Christentums von der Nächsten- und Feindesliebe
leichthin außer Kurs setzten? Dazu zitierte er das in einer Offenburger Zeitung
erschienene „neueste bayrische Schnadahüpfl":

„Wenn's Russenblut regnet,
und Franzosenköpf schneit,
dann bitt'mer unsern Herrgott,
daß's Wetter so bleib!"

wie auch den Text in einem für die preußischen Schuljungen bestimmten
Pamphlet:

„Wir dürsten nach welschem Blut,
das stärkt uns allen Hand und Mut"

und schloß mit der Mahnung:

,,Möge das deutsche Volk in dieser Zeit der allerschwersten Prüfung bewahrt
bleiben vor der Sünde der Raub- und Mordlust, die das ,Ebenbild
Gottes' zur Bestie erniedrigt und sich an der Menschheit bitter rächt!"

Und als ihm wenige Wochen später der Offenburger Dr. Fähndrich brieflich
schilderte, wie im Lazarett Vouziers ein schwer erkrankter deutscher und ein
französischer Landwehrmann, die nebeneinander lagen, sich stundenlang
wie die Kinder die Hände hielten und der Franzose sich um den sterbenskranken
Deutschen sorgte, sah er darin „ein Symbol für die künftige Verbrüderung
zweier an Kultur ebenbürtigen Nachbarvölker!" Nur dann
gedeihe der Friede und die Wohlfahrt des zivilisierten Europa.

In dieser Haltung scheute er auch nicht vor einer öffentlichen Kritik an der
Volksverhetzung zurück: als der Heidelberger Privatdozent Dr. Arnold Rüge
auf dem 1. Vaterländischen Volksabend zum Thema „Was wir bis jetzt über
die Ursachen und die Ziele des Weltkrieges wissen" sprach, kommentierte
„D'r alt Offeburger" am 31. I. 1915: „Der erste patriotische Abend' wird

512


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0512