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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 522
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„Das ,vae victis' (Wehe den Besiegten!) galt hier wie dort, der Sieger verfuhr
in Brest-Litowsk nicht weniger hart als in Versailles. Deutschland hat
auf seinen Forderungen nicht nur unnachgiebig beharrt, sondern sie während
der Verhandlungen noch gesteigert und ihre Annahme ultimativ erzwungen
, so wie die Alliierten im Juni 1919 die deutsche Unterschrift durch
ein hartes Ultimatum erzwangen, ohne weitere Modifikationen des Vertrages
zuzugestehen. Als die deutsche Öffentlichkeit mit tiefer, leidenschaftlicher
Empörung auf diese Vergewaltigung reagierte, vergaß man zu fragen, ob
1918 in Brest-Litowsk nicht ähnlich verfahren worden sei. Materiell wurde
Rußland durch den Frieden von Brest-Litowsk schwerer getroffen als
Deutschland durch den Frieden von Versailles. Es verlor ein Viertel seines
Staatsgebietes, neben den wertvollsten landwirtschaftlichen Böden etwa
75 Prozent seiner Schwerindustrie".11

Es war nicht nur die allgemeine Empörung gegen die harten Bestimmungen
des Versailler Vertrages, sondern auch die herrschende katastrophale Not,
die verständlicherweise keinerlei Versöhnungsatmosphäre aufkommen lassen
konnte. Und obwohl die zurückgeführten Fronttruppen aus eigenem Erleben
wußten, daß der militärische Zusammenbruch unabwendbar geworden
war, wurden ihnen in der Heimat offiziell bereits bei jeder Begrüßung attestiert
, daß sie ,,im Felde unbesiegt" geblieben seien. Was Wunder, daß das
Volk, welches ohnehin nicht über die Kriegsursachen aufgeklärt wurde, den
Versailler Vertrag als besonders ungerecht empfinden mußte.

///. Heinrich Werneke und die deutsch-französische Verständigung

Heinrich Werneke wurde am 14. 7. 1864 in Natzungen in Westfalen geboren
und entstammte einem alten westfälischen Bauerngeschlecht. Seit 1905 war
er als Oberlehrer in Düsseldorf angestellt. Von dort zog er 1914 nach Helmarshausen
(Hessen), wo er den Ausbruch des 1. Weltkrieges erlebte. Die
pazifistische Tendenz seiner späteren literarischen Wirksamkeit, die letztlich
auf eine deutsch-französische Freundschaft zielte, resultierte aus dem
schrecklichen Kriegsgeschehen und einer Kriegspropaganda, die den Liebhaber
französischer Kultur aufs tiefste treffen mußte.

Offenbar hat Werneke in den ersten Nachkriegsjahren mit keiner Publikation
das Thema „Aussöhnung" aufgegriffen. Erst die 1920 in Borgholz im
Selbstverlag herausgegebene Schrift: „Kann uns Frankreich ein Vorbild
sein? Ein Versuch zu einer gerechten Würdigung unserer Nachbarrepublik"
könnte der Beginn der langen Reihe von Veröffentlichungen sein, die sich
mit dem westlichen Nachbarn befassen. Daß er von der „Nachbarrepublik"
spricht, deutet seinen politischen Standort an: Werneke ist überzeugter Republikaner
. Aber wie Joseph Delage, der Leiter der „Revue Rhenane" einmal
schrieb, gehörte er nicht zu denjenigen, die sich Illusionen über das

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