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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 273
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Schließlich vermerkt auch Harsany, daß Schulmeister nach dem Abzug der
letzten Einheiten der französischen Garnison am 20. November nach Straßburg
zurückgekehrt sei: „Damit scheint die Karriere des Spions und neuen
Schloßherrns auf dem ,Gut Meinau' zu enden".

Mit dem Privatleben mußte er sich noch etwas Zeit lassen, denn zunächst
wurde er beauftragt, den Gerüchten über einen in Hannover geplanten Aufstand
nachzugehen; das Kurfürstentum war in Personalunion mit Großbritannien
verbunden und stand unter französisch-westfälischer Herrschaft.
Die Unruhen waren im Juli 1809 entstanden; sie wurden sowohl vom französischen
Gouvernement wie in Paris aufmerksam verfolgt. Wie Friedrich
Thimme berichtet, sandten sowohl Jeröme als auch Napoleon Agenten dorthin
, um den Nachrichten auf den Grund zu gehen. Jeröme schickte den Generalsekretär
der hohen Polizei v. Schalch mit mehreren Agenten nach
Hannover, Napoleon Karl Schulmeister, der von Hannover aus auch mit der
westfälischen Polizei Kontakt hielt. Über ihre Recherchen mokierte sich
Thimme:

„Sollte man es glauben, daß selbst die vereinigten Nachforschungen dieser beiden Koryphäen
der geheimen Polizei fast gänzlich vergeblich blieben, obwohl es gerade im Sommer
1809 im Hannoverschen um ein Haar zu einem Aufstand gekommen wäre, obwohl die Verbindung
mit England und die Werbung für die Deutsche Legion fast offen betrieben wurde
und die Patrioten kaum ein Hehl aus ihren Gesinnungen machten?"40

Dieser erste Mißerfolg der französisch-westfälischen Polizei im Hannoverschen
sei größtenteils dem Polizeidirektor Meyer aus Bedenbostel zu verdanken
, der seit Februar 1809 in Hannover amtierte und der Charles
Schulmeister, welcher unter seinem richtigen Namen das Land bereiste, als
Agenten erkannt habe:

„Meyer ließ ihn zu sich kommen und sagte ihm gerade heraus, daß er ihn für einen geheimen
Agenten halte. Der kaiserliche Spion gab denn auch ohne weiteres zu, 'daß er wirklich
der sei, für den ihn Meyer halte, und daß er geschickt worden, die Gesinnungen, Tendenzen.
Verbindungen und Intriguen der ersten Familien zu erforschen, von welchen der Kaiser einen
sehr schlechten Begriff habe'. Der Polizeidirektor machte dem Agenten kein Hehl daraus,
daß die öffentliche Meinung in Hannover den Franzosen nicht günstig sei, suchte ihn aber
zu überzeugen, daß 'weder bedenkliche Verbindungen noch Intriguen zu fürchten wären,
noch jemals existieren würden.' Meyers Argumenten ward bloß die Verbindung mit England
und 'eine fleißige englische Korrespondenz' entgegengehalten. Der Polizeidirektor sprach
dieser Korrespondenz aber 'wegen gänzlichen Mangels eines nationalen und politischen Zusammenhanges
' jede Bedeutung ab und wollte in ihr nur eine 'Familienkorrespondenz von
Militärs, die um ihrer Existenz willen hinübergegangen' sehen. Der Agent, der einmal entlarvt
, von seiner Mission weiter keinen Erfolg erwarten konnte, gab sich den Anschein, als
ob er durch Meyer von der Harmlosigkeit der Hannoveraner überzeugt sei, und reiste aus
Hannover ab, ohne wieder zurückzukehren."41

Die Apostrophierung Schulmeisters als „kaiserlicher Spion" ist als diskriminierendes
Klischee, das selbst Harsany noch gebrauchte, nicht auszurotten
. Jeder Historiker weiß, daß Meinungsforschung auch damals eine

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