Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 327
(PDF, 137 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0327
nannt, an dem sich Wera Sassulitsch in Offenburg aufhielt. Er schrieb am
30.10.1910 lediglich:

„Wera wagte sich aus der Schweiz, wo sie Asylrecht genoß, zuweilen in das
badische Nachbarland, um die revolutionäre Literatur zu versenden. Zu Offenburg
in dem Bundeslokal der alttestamentarischen Väter fand sie eines
ihrer geheimen Kabinette, als ihr Freund Buligin (Leo Deutsch) in einem
Gasthof zu Freiburg ausgehoben und mit badischer Schergenhilfe nach der
Petersburger Schlüsselburg und dann nach Sibirien geschleppt worden war.
Wera Sassulitsch war eine Frau ohne Furcht und Tadel. Das Bollwerk des
Barbarenreiches ist durch ihre geistigen Geschosse in's Wanken geraten."

Lew Grigorjewitsch Deutsch (1855—1941), Mitbegründer der Gruppe „Befreiung
der Arbeit", war Anfang März 1884 von Zürich nach Freiburg gereist
, um „eine Partie russischer sozialistischer Schriften, die in der
Schweiz gedruckt waren, über die Grenze zu schmuggeln, um sie dann auf
geheimen Wegen nach Rußland, wo sie natürlich verboten waren, gelangen
zu lassen".8

Nach den Worten Gecks könnte also Wera S. bis zu diesem Zeitpunkt sporadisch
oder auch öfters, wie Geck einmal geschrieben hat, in Offenburg gewesen
sein und ihn auch dort von der Verhaftung ihres Freundes
unterrichtet haben, denn in einem Brief vom Oktober 1884 an Friedrich Engels
entschuldigte sie sich für die späte Beantwortung seines Schreibens
vom 6. März mit dem Hinweis, daß sie es fast gleichzeitig mit der Unglücksnachricht
von Deutschs Verhaftung erhalten und daraufhin Genf für
mehrere Monate verlassen habe.9

Geck glaubte, wie er Hansjakob erzählte, „man könnte Deutsch von seinem
Fenster aus befreien und riet den russischen Freunden, die nach Freiburg
gekommen waren, es nicht durch Bestechung zu versuchen. Er vermittelte
durch eine Offenburgerin, die dem Gefängnis gegenüber eine Wirtschaft
,Zur Reichspost' betrieb, den Russen nächtlicherweise den Verkehr mit
Deutsch durch transparente Plakate in russischer Schrift. Doch ehe der
Fluchtplan zur Ausführung kam, wurde Deutsch, der sich durch einen gefälschten
Paß für einen Russen Buligin ausgegeben hatte, in eine Zelle auf
der Rückseite des Gefängnisses verbracht, wodurch die Flucht unmöglich
wurde."10 Deutsch wurde rechtswidrig an Rußland ausgeliefert und zu
Zwangsarbeit verurteilt. Erst nach 16 Jahren gelang ihm die Flucht aus Sibirien
; am 5. 11. 1901 traf er wieder in Zürich ein."

Als Ludwig Frank 1904 am Kongreß der II. Internationale in Amsterdam
teilnahm, berichtete er am 14. 8. in der von Adolf Geck im gleichen Jahr
herausgebrachten Broschüre „Briefe aus Amsterdam" auch über die dort
anwesenden russischen Delegierten, unter ihnen Wera Sassulitsch: „Eine

327


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0327