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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 387
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Übrigens ist das nicht der einzige Fall, in dem sich Herren von Crailsheim
an Sigmund von Birken mit der Bitte um poetischen Beistand gewandt haben
. Schon 1860 gab Hoffmann von Fallersleben in seiner Sammlung Findlinge
' einen Brief von Birkens vom 6. Februar 1670 an Johann Gabriel
Maier wieder, in dem er davon berichtet, daß ,, Mr. von Crailsheim eine
Liebes-Poesy zu färtigen angetragen" habe:

„Weil aber mein iezt-reiferes Alter mit dergleichen Arbeit, wie vordessen in der Jugend, sich
nicht mehr beschlagen lässet: als habe ich ... den wehrtisten Palämon hierzu vorgeschlagen,
der ihme solches wol gefallen lassen, aber mich anbey ersuchet, demselben zu dergleichen
Poesy einige instruction zu geben. Es sind zwey Lieder, das eine einer Dame, das andere
eines Cavalliers. Die Materie ist entworfen. Die Arie oder Singweise kommet mit .. ."28

Palämon, der hier einsprang, das ist eben der Gesellschaftsname von Johann
Gabriel Maier (1639—1699), eines Gesellschafters im Orden der Pegnitzschäfer
und Adressat des Briefes. Solche Vorgänge machen klar, daß von
Birken in seinem Alter über Zuarbeiter in seiner Nürnberger Gesellschaft
verfügte, die Aufträge für Gelegenheitsgedichte übernahmen. Und er fügte
— bei solchen dem Publikum eher zu verbergenden Umständen bezeichnenderweise
ins Latein fallend — hinzu:

,,Nec impune auseret hic Nobilis: er wird ein paar Gülden dafür zahlen
müssen, aufs wenigste."

Es muß offen bleiben, ob es sich bei dem Herrn, der hier ein Gedicht bestellte
, wieder um Christian Friedrich von Crailsheim handelte. Er war nun,
1670, immerhin rund zweiundfünfzig Jahre alt und wird wohl selbst wenig
Anlaß gehabt haben, sich als Galan zu versuchen. Doch könnte er wieder
nur als Vermittler aufgetreten sein. Die weitere Erfassung des Nachlasses
von Birkens, die im Gange ist, wird hierüber mehr Aufschluß geben. Nicht
ausgeschlossen, daß auch Krafft von Crailsheim, der Gönner Grimmelshausens
, in unmittelbarem Kontakt zu dem Nürnberger Literaturagenten
von Birken stand. Beim jetzigen Erkenntnisstand ist gewiß, daß ein oder
mehrere nahe Verwandte des Krafft von Crailsheim Beziehungen zu Sigmund
von Birken hatten und in der Lage waren, über ihn an Nürnberger
Verleger heranzutreten. Nimmt man hinzu, daß Quirin Moscherosch, der
,,Nachbar" Grimmelshausens in Bodersweier sich um 1646 schon längere
Zeit in Nürnberg aufgehalten und dort seine Ehefrau gefunden hatte, dann
ist es gewiß, daß die in der Ortenau an Literatur Interessierten über die Verlagsverhältnisse
in Nürnberg Bescheid wußten.

Anmerkungen

1 Grimmelshausen: Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Unter Mitarbeit von Wolfgang
Bender und Franz Günter Sieveke hrsg. v. Rolf Tarot. Tübingen 1967 ff.

2 Die Diskussion um den Bildungsstand Grimmelhausens zieht sich durch die Forschungsliteratur
. Wichtig sind die Darstellungen Jan Hendrik Scholtes in ,Der Simplicissimus
und sein Dichter', Tübingen 1950, S. 129-160. und Günther Weydts: Nachahmung und

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