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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 392
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Goethes politische Haltung sollte als grundsätzlich konservativ, doch auch
als reformorientiert bezeichnet werden. In einem Gespräch mit Eckermann
vom 4. Januar 1824 gibt Goethe zu, daß er ,,die Revolutionen haßte". Zur
gleichen Zeit wendet er sich aber dagegen, als „Freund des Bestehenden"
bezeichnet zu werden, da dies „oft nicht viel weniger als ein Freund des
Veralteten und Schlechten" bedeute. In dem gleichen Gespräch läßt sich
Goethe darüber aus, welchen Stellenwert Revolutionen im allgemeinen bei
ihm einnehmen. An einer großen Revolution trage nie das Volk Schuld, sondern
die Regierung. Revolutionen seien „ganz unmöglich", wenn Regierungen
„gerecht" und „wach" wären und durch „zeitgemäße Verbesserungen
" einer Revolution entgegenwirkten.14 Damit gehört Goethe, obgleich
kein Anhänger von revolutionärem Radikalismus, dennoch zu denjenigen
deutschen Beobachtern, die die Notwendigkeit einer tiefgreifenden
sozialen und politischen Reform in Frankreich erkannten.

Goethes frühe Revolutionsstücke

„Das Mädchen von Oberkirch" zählt zu den frühen Revolutionsstücken
Goethes, denen außerdem „Der Groß-Cophta" (1791), „Die Aufgeregten"
(1791/92) und „Der Bürgergeneral" (1793) angehören. Man hat diese kleineren
Dramen zum Thema Französische Revolution in der Goethe-
Forschung bis heute fast ohne Ausnahme abschätzig bewertet.15 Goethe sah
in ihnen „Nachbildungen des Zeitsinns," die für ihn „eine Art von gemütlich
tröstendem Geschäft" und „Bekenntnisse" waren.16

„Das Mädchen von Oberkirch" nimmt unter den frühen Revolutionsdramen
eine Sonderstellung ein, weil Goethe damit den Stoff der Französischen
Revolution erstmals in der Form eines Trauerspiels zu gestalten
versuchte. In den anderen Stücken herrschten lustspielhafte Züge vor. Im
„Groß-Cophta" stellt Goethe ein vorrevolutionäres, aber auf die Französische
Revolution vorausweisendes Ereignis, die berühmte Halsbandaffäre, in
der Form eines Lustspiels dar und schildert darin sarkastisch die vorrevolutionäre
Gesellschaft des Frankreich im 18. Jahrhundert. In den „Aufgeregten
" und im „Bürgergeneral" begab sich Goethe auf den Boden der
Revolution selbst. Die Stücke erhalten ihre Komik vorwiegend daraus, daß
in ihnen die Ideen der Französischen Revolution weitgehend unverstanden
bleiben und daher zu lächerlichem Verhalten führen. So mögen wir Goethes
Dramenversuch „Das Mädchen von Oberkirch" zu Recht als Ausdruck dafür
sehen, daß er dem Thema der Revolution durch Komödien nicht mehr
gerecht werden zu können glaubte.17 Ferner dürfen wir es als bedeutendes
Bindeglied zwischen Goethes frühen Revolutionsdramen und seinen späteren
, ernsthaften dichterischen Auseindersetzungen mit der Französischen
Revolution betrachten. In diesem Zusammenhang sei nur auf sein thematisch
verwandtes Trauerspiel „Die natürliche Tochter" (1803) verwiesen, zu

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