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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 393
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dem er sich in seinen „Tag- und Jahresheften" für 1799 folgendermaßen
äußerte:

In dem Plane bereitete ich mir ein Gefäß, worin ich alles, was ich so
manches Jahr über die Französische Revolution und deren Folgen geschrieben
und gedacht, mit geziemendem Ernste niederzulegen
hoffte.18

Goethes dichterische Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution
mußte fast zwangsläufig ernsten Charakter annehmen, da die Ereignisse ihn
zutiefst bewegten. Damit aber käme dem ,, Mädchen von Oberkirch" als
erstem Versuch, die französischen Ereignisse in der Form einer Tragödie zu
verarbeiten, eine besondere Bedeutung zu.

Das Mädchen von Oberkirch: Der ausgearbeitete Teil

Goethes „Das Mädchen von Oberkirch" ist eines der wenigen Werke, bei
denen er sich auf den Boden der Revolution selbst traute. Erhalten ist uns
nur der Anfang des ersten Aufzugs, der im zweiten Auftritt mitten im Satz
abbricht, und ein Szenenschema.19

Die Handlung spielt zur Zeit der Umwandlung des Straßburger Münsters
in einen Tempel der Vernunft (1793). Im Mittelpunkt steht eine Adelsfamilie
, deren Haupt die Gräfin ist. Während ihre Söhne und Töchter nach
Deutschland emigrierten, blieb sie in Straßburg zurück. Bei ihr ist ihr Neffe
, der Baron. Er hatte anfangs Erwartungen in die Revolution gesetzt, ,,in
jener Zeit, da wir alle hofften."20 Jetzt aber erscheint ihm die wachsende
Herrschaft des Pöbels gefährlich:

Die Masse des Volks, nicht des Volks, des Pöbels, gewinnt das Übergewicht
. Jeder geht verloren, der sich ihm nicht gleichstellt. Von Paris
haben wir die schrecklichsten, die sonderbarsten Nachrichten.21

Auch der der Familie nahestehende Geistliche, Manner, äußert wenig später
seine Bedenken gegenüber dem Verhalten des Pöbels: „Glauben Sie, daß
der ungeheure Tyrann, der Pöbel, oder vielmehr dieser und jener Tyrann,
der das Ungeheuer führt und leitet, irgendeine Rücksicht nehmen werde
?"22 Es fällt auf, daß hier von zwei Tyrannen die Rede ist, dem eigentlichen
Tyrannen und der Masse, die metaphorisch als Gesamtheit in das Bild
des Tyrannen gefaßt ist. Goethe unterscheidet klar zwischen dem Volk und
der Masse. Das Volk sieht er durch die Masse bedroht, da die Masse wie
ein Tyrann walten kann, unaufhaltsam und willkürlich. Dieser Differenzierung
entsprechen die folgenden Zeilen aus Goethes „Venezianischem Epigramm
", Nr. 53:

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