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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 451
(PDF, 137 MB)
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Nach der Vertreibung des Jahres 1349 waren wahrscheinlich über fast 300
Jahre keine Juden in Offenburg anwesend. Erst im Zuge des 30jährigen
Krieges (1618—1648) wurden einzelne, gegen Zahlung hoher Schutz- und
Schirmgelder, wieder aufgenommen. Von da an rechnen wir mit einer Siedlungskontinuität
bis zur Vernichtung der jüdischen Gemeinde durch die Nationalsozialisten
im Oktober 1940.

Aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg rühren auch die Schriftzeugnisse
von den jüdischen Kleingemeinden.

Der Begriff „Kleingemeinde" bezeichnet ländliche jüdische Gemeinschaften
, die über das badische Land verstreut waren und die sich häufig keinen
eigenen Rabbiner leisten konnten. Insbesondere im ausgehenden 19. Jahrhundert
waren sie durch Abwanderung in die Großstädte in ihrer Existenz
bedroht. Der Oberrat der Israeliten Badens in Karlsruhe wünschte diese
Kleingemeinden jedoch zu erhalten, weil in ihnen eine tiefere Beziehung
zur jüdischen Religion üblich war, als in den sich rasch assimilierenden
Stadtgemeinden, in denen, begünstigt durch die Zivilehe, über die Hälfte
der geschlossenen Ehen konfessionelle Mischehen waren. Eine Eheschließung
außerhalb der jüdischen Religion führte jedoch in der überwiegenden
Zahl der Fälle dazu, daß die Kinder aus einer solchen Verbindung nicht
mehr der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörten.

Abwanderung und „Mischehen" bewirkten also, daß die jüdische Kleingemeinde
in ihrem Bestand gefährdet war. Als bestes Beispiel aus der Ortenau
mag hierfür die Gemeinde Durbach gelten, an die heute nur noch der Friedhof
erinnert; ihre Synagoge wurde zu Beginn dieses Jahrhunderts gemäß
Kaufurkunde vom 11. Januar 1900 durch die Offenburger Jüdische Gemeinde
verkauft. Es waren alle Juden von Durbach fortgezogen, und die Offenburger
Gemeinde betrachtete sich als Rechtsnachfolger. Nur wenige
Menschen wissen heute noch, daß das Haus Talstraße 7 einstmals eine Synagoge
war.

Eine Kleingemeinde besonderer Art war die jüdische Gemeinde Diersburg.
Im Jahre 1766 ist dort ein jüdischer Lehrer nachgewiesen. Die jüdische Gemeinde
erwarb 1791 die Strittmatt. Das Offenburger Stadtratsprotokoll vermerkt
am 9. Februar 1774, daß die Diersburger eine eigene Grabstatt
haben. (Zum Friedhof vergleiche ORTENAU 65, 1985.) Ferner sind heute
noch das Schulhaus und das Ritualbad (Mikwe) gut sichtbar. Zeitzeugen berichten
, daß in Diersburg das Verhältnis der Konfessionen ganz besonders
gut war. Dies rührte daher, daß die Röder von Diersburg als Patronatsherren
sowohl die katholische als auch die evangelische und israelitische Religion
tolerierten und gleich behandelten. Im Jahre 1825 zählte der Ort 354 Katholiken
(37%), 397 evangelische (43%) und 190 israelitische (20%) Bürger.
Die Denkmäler des Friedhofs und des Ritualbades sind besondere steinerne

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