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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 457
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Das Vorhaben wurde jedoch durch die Juli-Krise 1914 vereitelt, die dem
Ersten Weltkrieg vorausging.21 Die Diskussion über die gesetzliche Regelung
der Sterilisierung wurde weiterhin fortgesetzt.

Gegen Ende der zwanziger Jahre flammte die Diskussion wieder verstärkt
auf, als die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise die Aufwendungen für
die Fürsorge behinderter Menschen in einem neuen Licht erscheinen ließen
. Viele Rassenhygieniker und Ärzte nahmen in dieser Zeit mit Aufsätzen
an der Sterilisierungsdebatte teil.22

Stellung der Inneren Mission zur Sterilisierung

Auch die kirchlichen Fürsorgeverbände der Evangelischen Kirchen bezogen
am Anfang der dreißiger Jahre Position. Dr. Hans Harmsen, Geschäftsführer
des , ,Gesamtverbandes der deutschen evangelischen Kranken- und Pflegeanstalten
e.V.", rief in der von ihm herausgegebenen evangelischen
Fachzeitschrift „Gesundheitsfürsorge" zu einer bevölkerungspolitischen
und eugenetischen Neuorientierung der evangelischen Wohlfahrtspflege
auf.23 Er forderte 1931: „Außer der Asylierung wird es aber notwendig
sein, die Frage der freiwilligen oder auch zwangsmäßigen operativen Unfruchtbarmachung
mit allem Ernst zu bedenken."24 Mit seinen eugenetischen
, rassenhygienischen Überlegungen stand Harmsen nicht allein in der
evangelischen Kirche. In dem evangelischen Fachlexikon „Die Religion in
Geschichte und Gegenwart" wird 1928 in dem Artikel „Eugenik"
ausgeführt25:,,Eine zielbewußte und planmäßige Ausmerzung der degenerierten
Volksteile bedarf der Hilfe des Staates. Dauerverwahrung
der unheilbaren Schwachsinnigen, Geisteskranken und Antisozialen und
zwangsweise Unfruchtbarmachung sind wichtige Maßnahmen, in deren
Anwendung Amerika mutig vorangeht."

Der „Centrai-Ausschuß" der Inneren Mission bildete auf Anregung von
Dr. Harmsen eine „Evangelische Fachkonferenz für Eugenik". Die Fachkonferenz
, die Dr. Harmsen leitete, stellte künftig das Gremium der Inneren
Mission dar, das sich mit Fragen der Eugenik und Wohlfahrtspflege beschäftigte
.26 Vom 18. Mai bis 20. Mai 1931 hielt die Fachkonferenz ihre erste
Tagung in Treysa bei Kassel ab. Sie legte in wichtigen Punkten die
Position der Inneren Mission zu erbbiologischen Forderungen und Forschungen
fest. Es sollten erhebliche Aufwendungen nur noch für solche
Fürsorgebedürftigen getätigt werden, bei denen die Wiederherstellung ihrer
Leistungsfähigkeit in Aussicht stand. Eine „Vernichtung lebensunwerten
Lebens", wie sie von Binding und Hoche angeregt worden war, sowie die
Schwangerschaftsunterbrechung wurden von der Fachkonferenz kategorisch
abgelehnt. In der Frage der Sterilisierung erblich Schwerbelasteter forderte
die Konferenz vom Gesetzgeber eine Zulassung freiwilliger Sterilisation,
neben der zu bevorzugenden Asylierung von erblich Belasteten. Die freiwil-

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