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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 468
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erwarten wären, in dem allgemeinen Kriegsgeschehen nicht diese Rolle
spielen würden wie sonst .. ."M

Ende 1938 oder Anfang 1939 wandte sich ein Bürger persönlich an Hitler
mit der Bitte, daß einem mißgebildeten Kind der Gnadentod gewährt werden
möge. Dieses und weitere Ersuchen veranlaßten Hitler, wohl unter dem
Aspekt eines kommenden Krieges, Planungen für eine Kinder-,,Euthanasie
" erarbeiten zu lassen. Ein Ergebnis dieser Arbeit war der Erlaß des
Reichsinnenministeriums vom 18. August 1939. In diesem Erlaß wurde eine
Meldepflicht für mißgestaltete Neugeborene und bis zu drei Jahren alten
Kindern angeordnet.65

Die Vorbereitungsarbeiten für die Vernichtung erwachsener Geisteskranker
und „Minderwertiger" liefen ab Mai 1939 an. Eine Kommission des württembergischen
Innenministeriums besuchte bereits am 31. Mai 1939 das Samariterstift
Grafeneck.66 Das Schloß Grafeneck beschlagnahmten die
Behörden am 14. Oktober 1939 und bauten es zur ersten Vergasungsanstalt
im Reich um. In Grafeneck begann im Januar 1940 die systematische Vernichtung
von behinderten Menschen.67 Bereits Ende Juli 1939 luden Philipp
Bouhler, Leiter der Kanzlei des Führers, und Karl Brandt Ärzte nach
Berlin ein, um ihnen das „Euthanasie-Programm" vorzustellen. Schon jetzt
zeichnete sich ab, daß Hitler aus außenpolitischen Gründen ein gesetzlich
geregeltes „Euthanasie-Verfahren" ablehnte und sich alles in einer Grauzone
bewegen sollte. Den Beteiligten wurde Straffreiheit zugesichert.68
Gleichfalls im Vorfeld beschäftigten sich die Planer mit möglichen Tötungsarten
und entschieden sich für das Kohlenmonoxyd-Gas.69

Mit dem Kriegsbeginn gegen Polen war auch die Situation da, unter der die
„Euthanasie-Aktion" in die Tat umgesetzt werden konnte. So forderte das
Reichsinnenministerium am 21. September 1939 die zuständigen Landesbehörden
auf, alle in ihrem Gebiet befindlichen Heil- und Pflegeanstalten mit
genauer Postanschrift, Name des Trägers und Anzahl der Betten bis zum
15. Oktober 1939 zu melden.70

Während im Reichsgebiet erst Planungen stattfanden, ermordete man im
besetzten Polen bereits seit dem 29. September 1939 psychisch kranke
Menschen.71

Die Ermordung von Anstaltsbewohnern im Reichsgebiet begann im Oktober
1939. Die Bewohner Pommerscher Anstalten wurden mit Zügen ins westpreußische
Neustadt transportiert und dort in einem nahegelegenen Wald
erschossen.72 Bei diesen Maßnahmen handelte es sich noch nicht um
reichsweit koordinierte Aktionen, sondern es waren noch Einzelerscheinungen
.

Im Reichsgebiet begann im Oktober die planmäßige Erfassung aller in Heil-
und Pflegeanstalten lebenden Menschen. Das Reichsinnenministerium

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