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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 473
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0473
Die Vorboten für den ersten Transport

Die Durchführung der Aktion begann im Reich mit der Versendung von
Meldebogen am 9. Oktober 1939 durch das Reichsministerium des Inneren.
Die Meldebogen trafen in Stetten am 16. Oktober ein. Die Leitung der Korker
Anstalt informierte tags darauf den Anstaltsarzt Dr. Heinrich Wiederkehr
mit der Bitte, die Bogen auszufüllen.91 Für diesen Zweck wurde ein
zeitlich befristeter Antrag auf Befreiung vom Militärdienst gestellt und auch
genehmigt. Da die Meldebogen ,,im Zusammenhang planwirtschaftlicher
Erfassung der Heil- und Pflegeanstalten" angekündigt wurden, ging Dr.
Wiederkehr davon aus, daß mit der Erfassung arbeitsfähiger Personen deren
Einsatz in der Landwirtschaft oder im Rüstungssektor vorbereitet werden
sollte. Erfassungen dieser Art waren in einer Planwirtschaft Alltag. Um so
mehr Verständnis konnte in der Bevölkerung während der ersten Zeit im
Krieg erwartet werden. Die Meldebogen wurden nach Berlin zurückgeschickt
. Die Durchschriften von 243 Meldebogen92 sind noch in Kork erhalten
.

Schon wenige Wochen später — Ende November 1939 - wurde unter Hinweis
auf die „gegenwärtige Lage" die Verlegung einer größeren Anzahl
Kranker aus Heil- und Pflegeanstalten sowie aus Anstalten ähnlicher Art als
„notwendige" Maßnahme angekündigt.93 In dem selben Schreiben wurde
das Verfahren der „Verlegung" dargelegt. Das geheime Schreiben vom
28. November 1939 weckte keinen Verdacht in irgendeine Richtung. Aus
der nüchtern formulierten Ankündigung eines Verwaltungsaktes konnten die
Verantwortlichen kaum auf die dahinterstehende Organisation des Mordens
schließen.

Der Korker Direktor Pfarrer Adolf Meerwein — seit l. Januar 1940 Anstaltsleiter
— antwortete auf die Ankündigung aus Karlsruhe mit der Bitte,
keine Verlegung vorzunehmen, da man die Art der Unterbringung in Stetten
für sehr geeignet hielt. Durch Entlassung oder Tod hatte sich die Zahl der
Heimbewohner seit der Ankunft in Stetten um etwa 30 Personen verringert.
Gegenüber dem Innenministerium suchte der Direktor um eine Erhöhung
der Belegung auf den vollen Stand nach.94 Intern bestand jedoch auch die
Tendenz, während der Zeit der Evakuierung keine neuen Heimbewohner
aufzunehmen.95

Die gesonderte Erfassung von jüdischen Heimbewohnern wurde per Erlaß
durch das badische Innenministerium am 23. April 1940 gefordert. In
Kork lebten damals zwei Frauen sowie ein 35jähriger Mann jüdischen
Glaubens.96

Eine weitere Verschärfung der Situation ist in dem Runderlaß zu sehen, der
am 4. April 1940 in Stetten eintraf. Dr. Sprauer, der höchste Medizinalbeamte
Badens, ordnete eine sofortige Aktualisierung der bestehenden Listen

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