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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 476
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Einer der Busse hatte eine Panne, die von K. M., einem Heimbewohner,
behoben wurde. Während der Reparatur kam er mit dem Begleitpersonal
ins Gespräch. Auf seine Frage, wohin denn die Frauen und Mädchen gebracht
würden, antwortete das Begleitpersonal, ob er das nicht wisse, die
würden doch vergast.104

Der stellvertretende Leiter in Stetten, Rupp, hatte von einer Stettener Mitarbeiterin
mitgeteilt bekommen, daß das Transportpersonal geäußert habe:
,,Wo die hinkommen, brauchen sie kein Vesper mehr." Noch am Abend
trafen sich Rupp und Pfarrer Meerwein zu einer Besprechung, bei der Rupp
am Ende zugeben mußte, „daß unsere (die Stettener, d. Vf.) Pfleglinge in
starker Gefahr waren". Rupp entschloß sich zu Gegenmaßnahmen und
wandte sich als langjähriges Parteimitglied an den Stellvertreter des Führers
, Rudolf Hess, zu dem er Vertrauen hatte. Auf sein Schreiben erhielt
Rupp ein Antwortschreiben vom Büro Hess, daß sein Brief an Himmler
weitergeleitet worden sei.105

Wie die anderen nach Grafeneck verbrachten Kranken und Behinderten
wurden vermutlich auch die Frauen aus Kork unmittelbar nach der Ankunft
entkleidet und in einem ca. 48 m: großen Raum zusammengedrängt und
vergast.106

Gewißheit über den Tod der 70 Frauen erhielt die Anstaltsleitung nach und
nach über Briefe von Angehörigen. Sie zeigten sich in ihren Briefen überrascht
darüber, daß die Pfleglinge sich nicht mehr in der Korker Anstalt
befanden. Häufig konnten sie auch den plötzlichen Tod nicht verstehen, da
sie zuletzt ihre Angehörigen bei gutem Gesundheitszustand gesehen hatten.

Die Trostbriefe aus Kork teilten die Trauer und beschränkten sich in ihrer
Aussage meist auf den Trost für die Trauernden. Protest gegen die Maßnahmen
regte sich insgesamt bei den Angehörigen selten. Überwiegend wurde
der überraschende Tod hingenommen.107

Der Protest gegen die Ermordung

Offener Protest gegen die Ermordung ist in einem Fall nach dem Tod einer
Korker Heimbewohnerin in Grafeneck dokumentiert. Deren Schwager,
Pfarrer Gilbert aus Steinen (Lörrach), schreibt bereits am 7. Juni 1940 an
die Direktion nach Kork und äußert sein Unverständnis darüber, daß man
in Kork die Aufnahmeanstalt nicht kenne, und er fragt konkret: „Wenn die
Aufnahmeanstalt Ihnen unbekannt bleiben muß, darf ich wissen, daß Sie
Weisung haben, es nicht wissen zu dürfen, obwohl Sie vielleicht die Aufnahmeanstalt
doch wissen."108

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