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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 500
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nen, um Gewißheit zu erhalten? Der Aberglaube blüht, besonders in zwei
Formen: Kartenlegen und Pendeln:

„Frauen und Mütter, die in ihrer Sorge und Ungewißheit waren über das
Schicksal ihrer Soldaten, gingen zu Kartenlegerinnen nach Lahr oder Haslach
, um sich gegen Hergabe von Butter, Eier oder Speck von diesen abgefeimten
Schwindlerinnen etwas vormachen zu lassen. Die anderen — und
es waren sehr viele — versuchten es mit dem Pendeln. Und zwar auf folgende
Weise: Ein Schlüssel — am besten ein alter, dessen Bart ein Kreuz war —
wurde in das Magnifikat, das Diözesangesangbuch — gebunden. Das Ganze
wurde mit einer Schnur festgebunden; wenn sich dann das Buch drehte,
sollte man erfahren, wie lange es noch dauere, bis der Soldat, an den man
während der ganzen Prozedur dachte, zurückkommen würde; auch bei Gefallenen
hat man es versucht, und dabei haben sie herausbekommen, daß
der oder jener noch lebe und in Bälde zurückkehre." (S. 210).

In dieser Zeit bemüht sich der Geistliche auf vielfältige Weise, soziale Not
zu lindern: Er initiiert Lebensmittelsammlungen, in Schweighausen werden
Kinder aus Freiburg und Lahr zur Erholung aufgenommen, auch bemüht
er sich mehrmals bei der französischen Kommandantur um einsitzende Parteimitglieder
.

Sorgen bereitet Reitinger der Zustand der Schule. Vom 24. August 44 an
war bis zum 29.4.45 kaum Unterricht gehalten worden; meist können die
Schüler in der Folgezeit nur von 2 Lehrkräften unterrichtet werden, auch
die Versorgung mit Schulräumen ist völlig unzureichend. Erst im August 48
bessern sich die Verhältnisse, 4 Lehrer unterrichten nun an der Schule.

Rigoros geißelt Reitinger das Treiben der Jugendlichen: „Und daß unsere
Jugendlichen, trotz staatlichen Verbots, dem Vergnügen des Tanzes huldigen
, rundet das Bild der Verwahrlosung ab. Daß das Wirtshaus auf dem
Streitberg dabei eine besondere Rolle spielt, überrascht den Kenner der
Verhältnisse nicht." (S. 237). Aber auch sonst sieht Reitinger Anzeichen einer
sittlichen Verwilderung: Einbrüche und Diebstähle kommen gehäuft
vor, bei den aus dem Krieg Heimgekehrten vermißt er die Bindung zur Kirche
. Anläßlich eines Jugendamtes bemerkt er: „Fast ganz fehlten die aus
dem Kriege Heimgekehrten, obwohl ich das Amt für die gefallenen und
noch nicht heimgekehrten Jugendlichen der Pfarrei verkündet hatte. Die
gleiche Erfahrung machten auch die Pfarreien der Umgebung; die ehemaligen
Soldaten sind religiös verwahrlost und sittlich verwildert." (S. 259).

Im Sommer 1946 beschäftigt man sich mit der Gründung einer badischen,
christlich sozialen Volkspartei, der BCSV, die später der Christlich Demokratischen
Union, der CDU, angegliedert wurde. Auch der Pfarrer ist neben
Bürgermeister Geiger, Ratschreiber Allgeier, Gemeinderechner Offenbur-

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