http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0519
Unter der Hand taucht in verschiedenen Städten Deutschlands das Gerücht
auf, an der Ostfront gäbe es geheimnisvolle Munitionskästen mit der Aufschrift
„Nur auf Befehl des Führers öffnen".182
Sorge bereitete den NS-Machthabern die schlechte Qualität von Kinderschuhen
.183 Jedoch nicht aus Mitleid mit den an Fußschäden leidenden
Kindern, sondern weil befürchtet wurde, daß hierdurch spätere „Infanterie-
untauglichkeit" eintreten könne.
Die Beschränkung des Gewichts von Feldpostpäckchen auf 100 Gramm
führt dazu, daß sich das Versandaufkommen — da keine Höchstzahl festgesetzt
ist — erheblich erhöht.184 Professor Porsche, eigentlich bekannter als
Konstrukteur von noblen PKW's, versucht sich nunmehr auch als Panzer-
Konstrukteur.185 An der Universität Freiburg sind, wie überall, die Medizin
-Studenten zu „Mediziner-Kompanien" zusammengefaßt.186 Durch ihr
anmaßendes Verhalten stoßen sie in der Bevölkerung jedoch auf Ablehnung.
Der Propagandafilm „Schwarzwaldzauber" stößt bei den Betroffenen, die
ihr Brauchtum falsch dargestellt finden, nicht auf Gegenliebe.187
Erregung ruft in Pforzheim die Tatsache hervor, daß auf dem Bahnhof zwei
Waggons mit verfaulendem, ungenießbarem Spinat entladen wurden, während
es der Bevölkerung kaum möglich ist, auch nur ein Pfund Gemüse zu
erhalten.188
Im Gebiet des „Protektorats" berichten die Zeitungen ausführlich über die
„Strafmaßnahmen" gegen das Dorf Libitsch (Lidice), die als „Vergeltung"
gegen den tödlichen Anschlag auf Heydrich mit großer Grausamkeit vorgenommen
wurden. Im übrigen von den Nazis beherrschten Gebiet darf hierüber
jedoch nicht berichtet werden.189
Im Juli wird gemeldet, daß sich die Gemüseversorgung in den großen Städten
Badens dermaßen verschlechtert habe, daß es in den Schlangen der vor
den Geschäften Wartenden zu Schlägereien gekommen sei.190 Die durch
den Hunger verursachten Gewichtsverluste führen zu einem Absinken der
Leistungsfähigkeit.191
Zwischenzeitlich wird auch die Erzeugung von Lebensmitteln durch Kleingärtner
ernährungsamtlich erfaßt.192 Allgemein nehmen die Feld- und
Flurdiebstähle zu.193
Zur Monatsration eines „Normalverbrauchers" gehören in jenen Tagen
187,5 Gramm Käse, 125 Gramm Quark, 700 Gramm „Brotaufstrichmittel",
200 Gramm Teigwaren, 1200 Gramm Fleisch und 10 kg Kartoffeln sowie
4800 Gramm Weizenmehl und 1200 Gramm Roggenmehl.194 Hinzu kommen
fünf Eier pro Monat - falls man welche ergattern kann.
Auch der Freiburger Verlag Herder gerät wieder in die Fänge der
Spitzel195: Seine Hausbibel für Kinder, bearbeitet von Pater Beron,
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