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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 98
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Die Organisation des Gemeinschaftslebens der Beginen unter franziskanischer
Aufsicht scheint von den religiösen Belangen getrennt gewesen zu
sein, und diese Trennung war sogar Grundlage für eine neue und unabhängige
Organisation der Hausgemeinschaften. Es gibt (für Straßburg) keinerlei
Hinweise auf eine konventähnliche Organisation der Samnungen. Eine
solche Trennung war nur möglich, weil das religiöse Ideal der Franziskaner
die Verbindung einer religiösen Lebensform mit weltlicher Tätigkeit zuließ
.108

Wahrscheinlich war diese Form der Beginenhäuser von franziskanischer
Seite auch als ein Instrument der Kontrolle gedacht insofern, als das Verfügungsrecht
über das Eigentum der Begine mit ihrem Eintritt in den Dritten
Orden in der Regel auf einen Clarissen- oder Franziskanerkonvent überging
. 1303 wurde auf dem Kapitel von Colmar die Betreuung jener Beginenhäuser
verboten, deren Mitglieder nicht die Drittordensregel abgelegt und
dem betreuenden Franziskanerkonvent alle Eigentumsrechte (als Pfand)
übertragen hatten. Die Häuser, welche diese Forderungen erfüllten, wurden
ganz in den Schutz des Ordens gestellt und ihre seelsorgliche Betreuung gesichert
. Ihre Mitglieder durften in den Kirchen der Franziskaner die Sakramente
empfangen und hatten ein Recht auf franziskanische Beichtväter; sie
wurden einmal jährlich durch einen dafür zuständigen Ordensangehörigen
visitiert.109 Dem höheren Ansehen der frei lebenden Beginen stand damit
die größere Sicherheit der im Schutz der Bettelorden lebenden Terziarinnen
gegenüber.110

Die Verbreitung des Dritten Ordens begann in Straßburg erst nach 1320 größere
Ausmaße anzunehmen111, nach der Veröffentlichung der Dekrete des
Konzils von Vienne und dem Beginn der an sie anschließenden Beginenver-
folgungen, in Basel erst um 1300112. Sehr wohl aber wurden auch dort in
den von Franziskanern gegründeten Häusern die Eigentumsrechte der Beginen
durch die Brüder kontrolliert. Verstärkte persönliche Betreuung und
Überwachung könnte für ein reguliertes Leben als Ersatz gedient haben."3

Aus den relativen Zeitangaben der Lebensbeschreibung kann man erschließen
, daß Gertrud 1303 (oder 1304) die Drittordensgelübde abgelegt hat.

Sie bereitet sich während ihrer zweijährigen Witwenzeit intensiv auf diesen
Ordenseintritt vor, den der Text als ganz selbstverständlich darstellt und weder
besonders hervorhebt noch eigens begründet (sowenig wie jenen von
Heilke).

Daß er nicht näher auf diese Gründe eingeht, könnte daran liegen, daß der
— zur Erbauung bestimmte — Text Personen in erster Linie nicht als Individuen
betrachtet, sondern als feste Charaktertypen mit bestimmten, ihnen
von vornherein eigentümlichen Merkmalen. Der Ordenseintritt symbolisiert
hier sehr oft den eigentlichen Beginn des geistlichen Lebens"4. Als

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