Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 255
(PDF, 143 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0255
worden in Wien, so mache, daß mir unsere bess (Pässe) wieder bekomen, so kaufe mir, was
mir kinnen bekumen, was uns versprochen worden ist in Wien, so wollen wie hier in Geren
(Nemetker) bleibe, das ist alleweg 2 Meil von Földwar. In Geren und Kimling dort werten
lauter neue Heiser gebaut und lauter deitsche Leit darein geschickt. Unsere bess seint bei
dem Herrn Inspektor und mir bekume sie nicht mehr, sunst wär mir schon lang fort aus Földwar
. Wans nit änderst geht, so werden viele leit wieder nach Hause gehen, wie es bisher
gangen ist. Vetter sie haben auch schon Pfert gekauft, aber ich mecht auch wissen, was der
Keiser bezahlt für ein Pfert, dann die leit missen drauf legen, sie sagen, der Keiser bezahlt
für ein Pfert nicht mehr als 20 Gulden. Lieber Vetter, ich kann mich mit 2 Kreizer, das Kind
mit einem Kreizer nicht verkosten. Lieber Vetter, mein Kind Elisabeth ist gestorben den 6.
Brachmonat und die Justina auch den 17. Brachmonat und in Földwar begraben und fier ein
jeters Kind den Herren 17 Groschen zu bezahlen. Georg Hermann.

Mein Vetter, mir mechte auch wissen, wie tan die heiser solle gebaut werden, den sie bauen
lauter so Ungrisch Heiser. Mir haben gemeint, sie bauen deische heiser, so fragt auch danach
und schreibe uns alles, wie es solle sein. 1785 Georg Hermann.""

Der Brief zeigt, in welche mißliche Lage die Auswanderer gekommen waren
. Der genannte „Vetter" muß anscheinend Einblick in das Aussiedlerwesen
und in die Vorhaben Wiens gehabt haben, daher die gewissen Anfragen.
Wie bereits erwähnt, wurde der Brief abgefangen, die Beantwortung ist ihm
angehängt. Die Antwort bestätigt die Klagen Hermanns, zeigt aber auch
auf, daß widerliche Verhältnisse und Umstände die Vorbereitungen verzögerten
und der Staat in der Vorbereitung für die Aufzunehmenden einfach
nicht nachkommen konnte. Es lag nicht am guten Willen Wiens, sondern
an den widerlichen Umständen. Alle Punkte der Beschwerde wurden bestätigt
, nur was den Häuserbau betrifft, wurde die eingegangene Zusage nicht
eingehalten: sie wurden auf ungarische Weise gebaut, nicht nach der zugesagten
deutschen (fränkischen) Bauweise.

Die mißlichen Verhältnisse wurden bald behoben. Jeder Siedler erhielt vom
Staat ein Haus gebaut und eine Halbsession (8,4 ha) Ackerland als Erstausstattung
. Dann 2 Pferde, 2 Ochsen, 1 Kuh. Statt der 2 Ochsen konnte man
2 zusätzliche Pferde erhalten. Darüber hinaus erhielten die 2 genannten Gemeinden
(Dunlakomöd und Nemetker) an Geräten: das seinerzeit modernste
Löschgerät, dazu 1 Faßwagen, 2 Pumpen, 12 Häute und 1 Holzeimer —
das war die Ausstattung der Feuerwehr! Dann: 97 Pflüge, 7 Eggen,
220 Roßgeschirre, 105 Wagen, 283 Radketten, 321 Sicheln mit Holzgriffen,
177 Sensen mit Wetzstein und Wasserbehälter (Kumpfe), 186 Weinberghacken
, 189 Beile, 169 Holzhacken, 188 Hacken, 178 Holzschaufeln, 183
Spaten, 132 Zweizinkgabeln, 179 Holzgabeln, 181 kleine Bohrer, 186 große
Bohrer, 177 Sägen, 184 Schneidmesser, 181 Vierzinkgabeln, 77 Wasserfässer
, 77 Milchfässer, 77 Butterfässer, 97 Brotbacktröge, 96 Siebe, 185 Brotschaufeln
, 507 Säcke, 88 Seile, 110 Spinnräder, 210 Pferde, 107 Kühe, 198
Decken, 198 Strohsäcke. Die Tiere und Gerätschaften wurden unterschiedlich
verteilt. Nach welchem Schlüssel ist nicht ersichtlich. Die Siedler hatten
Glaubensfreiheit. Der älteste Sohn war vom Militärdienst befreit. Die

255


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0255