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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 272
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Strafandrohung bedacht. 1762 gar wurde Anklage erhoben, weil man ohne
Erlaubnis den bereits auswärts verheirateten Wirt mit einer weiteren Frau
auf dem Hofe getraut habe. 1763 monierte die Kirche Tanz an verbotenen
Tagen in der Gaststube, 1783 beschwerte man sich über die von dem wiedertäuferischen
Meier vorgenommene Anstellung von evangelischen und katholischen
Mägden und Knechten, damit die Feldarbeit an den Feiertagen
der jeweiligen Kirche nicht unterbrochen werde. Im gleichen Jahr strafte
man den Hofmeier und dessen Knecht wegen Übertretung der Sonntagsfeier
. Die Behauptung kirchlicher Immunität wurde nicht anerkannt. Weder
das Beharren von Dungerns auf Ausnahme von der Jurisdiktion 1762 noch
der Protest der Ritterschaft 1783 bewirkten daher eine Aufhebung der Bestrafung
der Meier durch das Oberamt in Mahlberg. Dies entsprach durchaus
den realen Gegebenheiten. Zwar war Carl Ludwig von Dungern als
Angehöriger der Ritterschaft in der Konfessionswahl frei, doch war von einem
eigenständigen katholischen Kirchenbezirk nie die Rede gewesen. Der
Ottenweier Hof blieb Teil der Pfarrei Ichenheim, wobei das Rüggericht
Ichenheim und das Oberamt Mahlberg diese in Sachen Kirchenzucht vertraten
.

Etwas anders sah es in der Frage der innerkonfessionellen Verhältnisse auf
dem Hofgut aus. Neben den bereits erwähnten evangelischen und katholischen
Knechten und Mägden war der Ottenweier Hof vor allem ein bevorzugter
Aufenthaltsort der Wiedertäufer. Erste sichere Hinweise auf deren
Anwesenheit finden sich 1763, wo auf einen Meier Sebastian Riediger (Rei-
diger/Reitiger/ Reutiger) und weitere Täufer Bezug genommen wird.77

Allein die Familie des 1790 gestorbenen Meiers umfaßte rund 12 Personen.
Man geht wohl nicht fehl, wenn man die Zahl dieser auf dem Hof lebenden
evangelischen Sondergemeinschaft mit 20 Personen annimmt. Noch heute
erinnert ein am Waldrande gegenüber dem Hauptgebäude stehender steinerner
,,Täufertisch" an deren Gottesdienste und kirchlichen Verrichtungen.

Herkunftsmäßig scheint es sich bei jenen Bewohnern des Hofes um die pazifistische
, den Schweizer Brüdern nahestehende Gruppe der Anabaptisten
zu handeln, welche zu Beginn des 17. Jahrhunderts in der nahen Herrschaft
Lahr-Mahlberg und im 18. Jahrhundert auf Straßburger Gebiet bezeugt
sind78. Nach endgültiger Teilung der Herrschaft wegen konfessioneller
Verschiedenheit und Übergang des Mahlberger Teiles 1629 an den katholischen
Markgrafen Wilhelm mußten die Verfolgten eine neue Heimstatt
suchen. Kleine Gruppen fanden Aufenthalt und Schutz in den ritterschaftlichen
Besitzungen der mittleren Ortenau. Neben dem Ottenweier Hof lassen
sich im 18. Jahrhundert Wiedertäufer ebenfalls auf der nahegelegenen, den
Freiherren von Türkheim und Altdorf gehörenden verfallenen Rohrburg79
bei Altenheim wie auch auf der bei Friesenheim gelegenen Burg Sternenberg80
nachweisen.

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