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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 292
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genüber empfanden, geschickt für die französische Propaganda auszunützen
: Frankreich hat auf diese Weise die elsässische Ehre angestachelt und
auch das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Elsässern und den
Lothringern gegenüber den Reichsdeutschen gestärkt. Das hatte überall in
der Bevölkerung Wirkung, dabei wurde die Bourgeoisie, die französisch
ausgerichtet war schon seit langer Zeit, auch für die unteren Schichten der
Bevölkerung zum Vorbild. Das muß einen um so mehr wundern, als ab
1900 sich eine Entwicklung durchgesetzt hatte, die günstig war für die Integrierung
des Reichslandes Elsaß-Lothringen ins Deutsche Reich. So kann
ein neutraler Historiker, Hermann Hiery, von der Zeit um 1912 schreiben,
daß sich „Bevölkerung wie politische Strukturen 1912 (im Elsaß und in
Lothringen) kaum noch von anderen deutschen Ländern mit stark föderalistischen
Tendenzen und regionalistischen Traditionen, wie etwa Bayern, unterschieden
".32 Nicht übersehen kann man, daß die elsässischen Soldaten
1914—1918 treu ihren Kriegsdienst für das Deutsche Reich leisteten. Die
Laisierung 1905 in Frankreich hatte in manchen elsässischen katholischen
Kreisen zur Ernüchterung gegenüber Frankreich geführt.34 Als dann mit
dem Kriegsende 1918 ein unseliges Leidenskapitel europäischer Geschichte
abgeschlossen wurde und die Menschen in Elsaß-Lothringen nach den vielen
Entbehrungen des 1. Weltkrieges den Frieden erlebten, der dem Land
und den Menschen keine äußeren Nachteile bescherte, war das Kapitel einer
deutschen Kulturnation, zu der das Elsaß und Deutsch-Lothringen zwangsläufig
nach deutscher Auffassung gehören müßten, was um 1870 und nachher
bedeutende Geister in Frankreich und Deutschland als Problem bewegt
hatte, abgeschlossen.35 Durchgesetzt hatte sich im Blick auf das Elsaß und
Deutsch-Lothringen die Meinung von Ernest Renan, die er so formuliert:
„Die Besonderheit einer jeden Nation wird zweifelsohne durch die Rasse,
die Sprache, die Geschichte, die Religion bestimmt, aber auch von etwas,
das noch mehr greifbar ist: von der jeweiligen Einwilligung, von dem Willen
, die die verschiedenen Provinzen eines Staates zum Zusammenleben haben
".36 Renan sagte das im Blick auf das Elsaß und Lothringen. In diesem
Gedanken kommt etwas zum Ausdruck, was sich gleichwertig neben die
Mächtigkeit der Geschichte einreiht, nämlich jenes Gefühlsmäßige und jener
gegen alle logischen Gegebenheiten der Herkunft sich durchsetzende
Willen, sich seinen Staat auszuwählen und zu diesem gehören zu wollen.
Man war im Elsaß und in Deutsch-Lothringen mit der Zeit und durch das
Zusammenleben mit Frankreich aus der deutschen Welt herausgewachsen
und in einem von Hause aus fremden Volk heimisch geworden. Davon müssen
wir ausgehen. Das werden aber Reichsdeutsche — und diese Meinung
reicht bis in unsere Tage hinein —, schwer begreifen können. Das hat auch
zu Mißverständnissen Anlaß gegeben.37 Wenn wir das so summarisch feststellen
, dann müssen wir auch nach den Gründen fragen, warum es so gekommen
ist: Es ist das eine Frage an die Deutschen insgesamt, an ihr
Wesen, an ihre Unfähigkeiten.38

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