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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 314
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darauf Rücksicht nehmen zu müssen, wieviele Meister bereits in ihrem Bezirk
arbeiteten. Wandern sah man auch weiterhin für wünschenswert an, eine
Bedingung für die Meisterprüfung stellte sie nicht mehr dar. Auch die
Einstellung von Gehilfen war liberalisiert. In jenen Handwerken, die eine
mehrjährige ,,Kunsterwerbung" nicht brauchten, sollte man so viele Hände
beschäftigen wie möglich, daher könnten „Weibspersonen" und „unzünftige
Gesellen" frei aufgenommen werden. Auf den Nachweis, daß ein Bewerber
über Werkzeug und Material verfüge, wurde als Voraussetzung für das
Meisterrecht verzichtet. Alle bisherigen Geldforderungen bei der „Meister-
werdung" besonders „die Mahlzeiten in natura oder äquivalenten in Geld"
wurden verboten.

Joseph strebte das Ziel an, mit den neuen Bestimmungen die Wirtschaft zu
beleben. Dafür galt es, die Menge der Arbeitenden zu erhöhen und das Warenangebot
zu erweitern. Er glaubte, daß „Freiheit das einzige Mittel sein
könne, fremde, billige Arbeiter herbeizuziehen und erbländische anzu-
eifern, sich an die Verfertigung der in den Erblanden noch nicht in genügsamer
Menge oder auch in noch teueren Preisen hervorbringend Waren-
Articeln zu verlegen".84 Diese freiheitlichen Arbeitsbedingungen sollten
nicht nur die jungen Leute aus dem Land davon abhalten, auszuwandern,
sondern auch Ausländer dazu ermuntern, sich in der Ortenau niederzulassen
. Hier hielt man die Behörden an, großzügig Dispensationen zu erteilen,
wenn solche Arbeiter um das Bürgerrecht nachsuchten.

Bei den Amtsstellen der Ortenau stieß diese Reform offensichtlich auf wenig
Sympathie. Der Gerichtsvogt Dürrfeld verfaßte ein Gutachten, in dem
er sich vehement gegen die Neuerungen aussprach. Er räumte zwar zunächst
wesentliche Mängel der Zunftverfassung ein, wie die Monopolstellung
der Meister, die Notwendigkeit, auch schlechte Ware vertreiben zu
müssen, das Privileg, auf den Jahrtagen die landesherrliche Gerichtsbarkeit
einzuschränken, um dann doch alles zu bagatellisieren und die Vorzüge der
Zunft hervorzuheben. Diese lagen für ihn mehr als im wirtschaftlichen im
staatspolitischen Bereich. Dürrfeld sah in der Zunft eine nützliche Polizei,
weil „die Aufsicht über einen großen Körper umso mehr erleichtert werde,
in je kleinere Teile man denselben einteilt".85 Durch die Zunftgerichte
würden die ordentlichen Gerichtshöfe von überhäuften Klagen verschont,
und für die besondere Form der in der arbeitenden Klasse zu beobachtenden
Fälle böten die öffentlichen Prozesse ein viel zu langsames Verfahren. Dürrfeld
warnte vor schlecht ausgeführter Arbeit, weil man eine qualifizierte
Ausbildung nicht mehr verlangte, vor der Gefahr, daß die Menschen ihren
sozialen Grund verlören, man mit unliebsamen häufigen Berufswechseln
rechnen müsse, und hob die Bedeutung des Wanderns und der Jahrtage hervor
. Daß es auf der anderen Seite in den Zünften durchaus Meister gab, die
Josephs Intentionen zeitgemäß und der eigenen Lage angemessen fanden,
beweist die Stellungnahme der Schmiede zur 1777 geltenden Preisverord-

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